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Auch wenn es langweilig erscheinen mag: Ich kann nicht anders, als meinen bisherigen euphorischen ProWein-Berichten auch in diesem Jahr einen weiteren begeisterten hinzuzufügen. Vom 23. bis 25. März traf sich wieder buchstäblich die Weinwelt in Düsseldorf, und auch diesmal waren es für mich drei Tage voller Entdeckungen und Begegnungen – mitten im „persönlichen Schaumbad“, wie ein früherer Chef von mir mal ein Umfeld des Wohlbefindens nannte.

Chardonnay 2012 von GamlaSchon der Vorabend der Messe entführte mich, was den Wein betrifft, in einigermaßen exotische Gefilde: Mit einem Studienfreund, der mit Familie im Raum Düsseldorf wohnt, traf ich mich im Restaurant „Die Kurve“. Dort gab es köstliche Mezze und Grillgerichte sowie israelische Weine. Wir tranken zwei Weiße und einen Roten von den Golanhöhen, und ich notierte: „Sauvignon Blanc 2013 (jung, frisch, unkompliziert, nicht zu grün und geprägt von Holunderaromen), Chardonnay 2012 (zart vom Holz geküsst, eher Übersee- als Burgund-Typ) und Cabernet Sauvignon 2009 (typisch, beering und würzig, fein gereift) von Gamla [...]. Schade, dass es nur internationale Rebsorten waren, so dass die Weine sensorisch keinerlei Aufschluss über ihre Herkunft gaben, aber sie waren alle tadellos und im positiven Sinne süffig. Sehr gelungene ProWein-Einstimmung!“

Zwischen Plan und Wirklichkeit

Vorwegschicken darf ich nicht ohne Stolz, dass mein Zeitplan für die diesjährige ProWein perfekt funktioniert hat. Durch den ersten Tag glitt ich wie auf Schienen und erschien an allen drei Tagen zu sämtlichen fest vereinbarten Terminen pünktlich (bis auf eine Ausnahme mit einer zehnminütigen Verspätung). Darüber hinaus schaffte ich fast alle Standbesuche, die ich mir vorgenommen hatte, um Kontakte zu pflegen und die aktuellen Jahrgänge zu probieren. Einige blieben zwar auf der Strecke, doch dafür machte ich bei anderen Winzern Station, mit denen ich im Vorhinein nicht gerechnet hatte.

Terminplan für die ProWein 2014Einen großen Schwerpunkt meiner Termine nahm planmäßig Frankreich ein, aus Österreich besuchte ich kaum eine Handvoll Produzenten und aus Deutschland nur zwei. Diese beiden Länder werde ich mir jedoch ausführlich auf anderen Messen in den kommenden Wochen anschauen können: auf der VDP-Weinbörse am 27. und 28. April in Mainz, auf der Hausmesse von K&M Gutsweine am 24. Mai in Frankfurt und auf der VieVinum vom 14. bis 16. Juni in Wien.

Gang- und Standkontakte jenseits der Länder

Sofort am ersten Messetag traf ich morgens am Eingang zur ProWein die Fachhändler, denen ich in Frankfurt und Nürnberg privat am nächsten stehe: Bernd Klingenbrunn und Armin Busch von K&M Gutsweine sowie Karl Kerler und Marco Sittig von Karl Kerler Weinimport. Im Laufe der Tage begegnete ich dann natürlich auch zahlreichen weiteren Bekannten und Freunden aus der Weinszene, darunter Kurt Jannett und Andreas Völkel vom DWI, Harry H. Hochheimer von der gleichnamigen Wein- und Gastronomieberatung, Weinjournalist und Gastrokritiker Wolfgang Faßbender, Michael Jetter von Rebhof Weinhandel, Thomas Golenia von Captain Cork sowie Christine Schloter von SchloterSeminare, mit der ich gemeinsam an einer geführten Verkostung von Crémants de Loire teilnahm.

Ferner nutzte ich die Gelegenheit, um in meiner Eigenschaft als Redaktionsmanager von Wein-Plus mit einigen unserer Kooperationspartner und (Nicht-Winzer-)Mitglieder zu sprechen: Uwe Kauss und Eva Dülligen – beide versierte Journalisten – sind als Autoren für das Magazin tätig, Dr. Wolfgang Thomann unterstützt als auf Rebsorten und Osteuropa spezialisierter Lektor die Arbeit für das Glossar, und Peter Gebler ist für unsere Englisch-Übersetzungen verantwortlich. In einem Gespräch mit Schlumberger-Geschäftsführer Rudolf Knickenberg, das ich ebenfalls führte, ging es um die Vorteile, die das europäische Weinnetzwerk Importeuren und Großhändlern bieten kann, und von den Evinum-Gründern Irmgard Gröschl und Gerhard Scheitza ließ ich mir die Hintergründe ihres Portals erklären, das sie selbst ein „Weingedächtnis“ nennen.

Weinglas vom Weingut Alte GrafschaftMit einer gewissen Tradition hatte ich auf dieser ProWein auch wieder zwei Anlaufstellen – Messestände von befreundeten Ausstellern, die ich mehrfach an jedem der Tage besuchte: zum einem Erwin Tinhof vom Weingut Tinhof in Halle 7 und zum anderen Norbert Spielmann vom Weingut Alte Grafschaft in Halle 6. Norbert ist ein faszinierendes Energiebündel: imstande, zig Standbesucher gleichzeitig zu betreuen, und ein ewiger Quell unterhaltsamer Anekdoten. Er lieferte unter anderem mit mehreren Kostproben den Beweis, dass es auch heute noch möglich ist, süffige, leichte Weißweine mit weniger als 12 Volumenprozent Alkohol zu keltern. Das Weingut Alte Grafschaft hat rund zehn Hektar Rebfläche an der Gebietsgrenze auf beiden Seiten des Mains, sowohl in Baden als auch in Franken.

Übrigens tat ich diesmal auch eine hervorragende Gelegenheit für das Mittagessen auf: Am Gemeinschaftsstand von ECOVIN wurden schmackhafte Biogerichte zu reellen Preisen angeboten, die eine veritable und um Klassen bessere Alternative zum üblichen Fast-Food-Messefraß darstellten.

Auftakt in Österreich: Burgenland und Weinviertel

Leithaberg Weiß 2012 und 2008 von TinhofBei Erwin Tinhof und Lukas Plöckinger vom Weingut Tinhof stimmte ich mich mit Muskat 2013 (zwei Drittel Muskat-Ottonel, ein Drittel Gelber Muskateller) nicht nur auf einen der Messetage ein und probierte darüber hinaus nur selektiv: Leithaberg Weiß 2012, 2008 und 2004 sowie den kraftvollen und zugleich hochfeinen Golden Erd 2012 (der auch mit einem Jahr Reife beinahe immer noch gewissermaßen im Embryonalstadium ist).

Vielmehr – um das an dieser Stelle schon vorweg zu nehmen – verbrachten wir am zweiten Messetag einen fulminanten Abend im Restaurant „Winelive“ in Meerbusch, bei dem auch die Weinblogger Simon Woolf und Elisabeth Gstarz dabei waren. Die vier exzellenten Gänge des sehr moderat kalkulierten Menüs ließen wir begleiten von sechs Weinen zuzüglich einiger Gläser Portweins: Viognier 2012 von der Domaine les Yeuses (Languedoc), Durbacher Plauelrain Traminer Spätlese trocken 2007 von Andreas Laible (Baden), Gevrey-Chambertin Premier Cru Les Champeaux 2006 von Olivier Guyot (Burgund), Château d‘Ampuis 2006 von Guigal (Côte-Rôtie) und Pintia 2007 (Toro). Der Service war zunächst etwas zu langsam für unser Tempo, doch dann übernahm der ebenso charmante wie aufgeweckte junge Friedemann Spickenbom unseren Tisch. Mit Empathie, viel Humor und einem erfrischenden, fachlich souveränen Pragmatismus betreute er uns vortrefflich, und diesem großartigen Gastgeber würden wir im kommenden Jahr sogar in sein nächstes berufliches Wirkungsfeld in Düsseldorf folgen.

Doch zurück zur Messe und nach Österreich: Mit Roman Josef Pfaffl und Eva Matzenberger vom Weingut R&A Pfaffl verkostete ich das gesamte aktuelle Sortiment aus rund 25 Weinen, die Weißweine und Rotweine getrennt in zwei Durchgängen an unterschiedlichen Tagen. Roman Josef machte gleich Lust auf den neuen Jahrgang: „Für die Weißweine wird 2013 sicher groß. Wir sind sehr zufrieden.“

Wieder einmal zeigte sich, dass Pfaffl sein Portfolio ständig weiterentwickelt. So gibt es zwei neue Basisweine: Grüner Veltliner vom Haus 2013 und Zweigelt vom Haus 2012 – beide sauber und unkompliziert. Diese beiden Einstiegsweine heben die gesamte Kollektion gewissermaßen indirekt eine Stufe höher. Neu im Angebot sind auch der Gemischte Satz Symphonie 2013 und der Muskateller 2013. Besonders gut gefielen mir neben diesen beiden der Grüne Veltliner Hundsleiten Weinviertel DAC Reserve 2013, der Chardonnay Rossern Grand Reserve 2013, der Zweigelt Sandstein 2012 (unter dieser Bezeichnung neu im Programm), der St. Laurent Altenberg Reserve 2011, der Excellent Reserve 2011 sowie natürlich die beiden neuen Spitzenweine Grüner Veltliner Hommage Weinviertel DAC Reserve 2012 und Zweigelt Burggarten Reserve 2011. Die Bezeichnung „Grand Reserve“ ist in diesem Jahr neu und kommt außer beim Chardonnay Rossern auch beim Riesling am Berg (aktueller Jahrgang 2011) und bei der Cuvée Heidrom (2009) zum Einsatz. Und ein besonderes Schmankerl hatte auch Pfaffl parat: den Excellent 2005.

Roman Josef berichtete, dass der Familienbetrieb ab 2015 mehr als 100 Hektar Rebfläche haben werde, da momentan auf kürzlich erworbenen oder gepachteten alten Flächen neue Weinstöcke gesetzt würden. Traubenzukauf kommt für ihn aber nicht in Frage, wie er betonte: „Die Qualität kann ich nur dann kontrollieren, wenn ich die Weinberge selbst bewirtschafte.“

Wie viele Winzer beklagte auch Roman Josef, dass die meisten Weine zu früh getrunken werden. Er will daher einen Teil seiner lagerfähigen Weine zurückhalten, im Weingutskeller unter optimalen Bedingungen aufbewahren und bei Trinkreife (nach fünf oder sogar zehn Jahren) dann erneut anbieten. Eine ausgezeichnete Idee – für den, der sich das wirtschaftlich leisten kann.

Himmel mit Sternen Sekt Brut von PreisingerNeues gibt es auch von Georg Preisinger, der in seinem gleichnamigen Weingut schon seit Jahren seine dreistufige Weinlinie mit der Rakete stringent verfolgt: Mit zunehmender Weinqualität fliegt die Rakete immer höher, was sich nicht nur im Bild, sondern auch in der Form des Etiketts ausdrückt. Jetzt hat Georg auch noch einen Sekt im Programm, der konsequenter Weise „Himmel mit Sternen“ heißt; die Rakete ist hier gar nicht mehr zu sehen. Preisingers Weine werde ich ebenso wie die möglichst vieler weiterer österreichischer Produzenten, wie gesagt, auf der VieVinum im Juni in Wien ausführlich verkosten.

Frankreich I: Bordeaux

Wie bereits erwähnt, hatte Frankreich dieses Jahr (ich muss wohl schon sagen: auch wieder) einen hohen Stellenwert bei meinen Terminen. Ein wesentlicher Akzent lag dabei auf Bordeaux.

Erstmals traf ich Martin Fueyo von Château Lestrille und probierte mit ihm das gesamte Sortiment des Hauses. Dabei gefielen mir am besten der Château Lestrille-Capmartin Bordeaux Blanc 2013, der Château Lestrille-Capmartin Bordeaux Clairet 2013, der Château Lestrille-Capmartin Bordeaux Supérieur 2010 und der Le Secret de Lestrille 2010; davon abgesehen gab es Château Lestrille Blanc 2013, Château Lestrille Rosé 2013, Château Lestrille Bordeaux Supérieur 2012, Château Lestrille-Capmartin Bordeaux Supérieur 2009 und Le Secret de Lestrille 2009.

Paul Goldschmidt von Baronne Guichard, den ich schon letztes Jahr auf der Messe besucht hatte, ließ mich ebenfalls sein komplettes verfügbares Portfolio verkosten. Meine Favoriten: Château Prieuré 2011, Château Vrai Croix de Gay 2011, Château Siaurac 2009 und Château Vrai Croix de Gay 2008. Als weitere Weine hatte Paul Château Siaurac 2011, 2010 und 2007 sowie Château Vrai Croix de Gay 2010 mitgebracht. Eine große Bestätigung der Arbeit (und des weiteren Potenzials) von Baronne Guichard ist übrigens, dass kürzlich das Spitzen-Château Latour dort als Investor eingestiegen ist.

Bei Châteaux & Domaines Castel erwarteten mich neben Jennifer Bonnet vom Unternehmen selbst auch Eric Touchat von Vizioz Communication und Christelle Delaleuf von La Française d‘Exportation. In bemerkenswert kurzer Zeit stellte man mir einen repräsentativen Querschnitt der Weine vor: Château Cavalier Rosé 2013, Clos des Orfeuilles 2012, Château Ferrande 2012, Cru de la Maqueline 2012, Château Barreyres 2010 sowie – für mich am überzeugendsten – Château Latour Camblanes 2010, Château de Haut-Coulom Cadillac 2011 und Château Montlabert Saint-Émilion Grand Cru 2010.

Maison Sichel unterhält zwei Weingüter in Bordeaux und eins im Languedoc-Roussillon. Judith Hanekamp und Charles Sichel erklärten mir anhand der Unternehmens- und Familiengeschichte die Hintergründe, und angesichts der allseits knappen Zeit verzichteten wir auf eine Degustation. Die werde ich aber bei Wein-Plus nachholen können, wenn Sichel wieder Weine zur Verkostung und Beurteilung einschicken wird.

Frankreich II: Languedoc-Roussillon und Bergerac

Bei Sud de France bin ich ja schon fast traditionell jedes Jahr, zumal ich die südfranzösischen Gewächse sehr mag. Élodie Le Dréan und Stephanie Egenolf stellten mir im Gespräch den „WineHub“ vor, eine neue Business-Plattform mit Suchmöglichkeiten für die vielfältigen Weine des Languedoc-Roussillon. Produzenten können dort ihre Weine einstellen, Spezialangebote publizieren, Neuigkeiten lancieren und Anfragen direkt beantworten. Wein-Einkäufer können gezielt nach Weinen und Weintypen suchen, Ausschreibungen platzieren, Spezialangebote anschauen und Produzenten direkt kontaktieren. Das Prinzip der „Community“ verglich Élodie Le Dréan mit Facebook: Die Nutzer entscheiden zum einen, mit wem sich sie verbinden (d.h. wessen Informationen sie sehen) wollen, und zum anderen, mit wem sie in direkten Kontakt treten möchten.

Im Languedoc ist auch die Domaine Verena Wyss beheimatet. Verena Wyss selbst ist Schweizerin und fühlt sich nach eigenem Bekunden in Südfrankreich sehr wohl. Bei einem sehr netten Plausch verkostete ich sechs Weine aus ihrer Kollektion. Einen Schwerpunkt bilden regionale Rebsorten wie Viognier und Lledoner Pelut, aus denen hier sehr eigenständige und gute Weiß-, Rot- und Roséweine entstehen. Auf allen Weinetiketten von Verena Wyss ist ein stilisiertes Rebhuhn zu sehen – hoher Wiedererkennungswert also. Der Vogel verweist auf den Standort der Domaine, denn dort gab es früher viele Rebhühner, und die Adresse ist tatsächlich „Lieu-dit Canteperdrix“ (sinngemäß übersetzt: „Ort, der Gebiet des Rebhuhns genannt wird“). Auch das Motto der Domaine gefällt mir; es heißt übersetzt: „Der Wein ist die Antwort der Erde auf die Sonne.“

Weiter im Nordwesten, im Bergerac, liegt Le Clos du Breil, und Yann Vergniaud, den jungen Winzer, hatte ich bereits im vergangenen Jahr auf der ProWein kennengelernt. Gern besuchte ich ihn auch jetzt wieder und probierte fünf seiner Weine. Besonders gut gefielen mir der Côtes de Bergerac Expression Blanc Sec 2012 (90% Sauvignon Blanc, 10% Sémillon) und der Côtes de Bergerac L‘Odyssée 2010 (90% Cabernet Sauvignon, 10% Merlot).

Frankreich III: Champagne

Vier Flaschen Champagne Bruno PaillardBei Champagne Bruno Paillard war neben Exportmanager René Duboys Fresney auch der Namensgeber und Chef des Hauses persönlich anwesend. Das 1981 von ihm gegründete Familienunternehmen bewirtschaftet inzwischen mehr als 30 Hektar und baut 45 Prozent Pinot Noir, 33 Prozent Chardonnay und 12 Prozent Pinot Meunier an. Die Grundweine werden im Barrique ausgebaut, die Reserveweine lagern im Solera-System, und die Champagner haben generell eine sehr niedrige Dosage (drei bis sechs Gramm pro Liter). Abgesehen von der Première Cuvée und der Blanc de Blancs Réserve Privée 2007 durfte ich auch den N.P.U. 1999 (was für „Nec Plus Ultra“ steht) probieren.

In einer moderierten Verkostung mit Bruno Paillard und Sommelier Ronny Weber wurden beim Blanc de Blancs und bei der Assemblage die Jahrgänge 2004 und 1995 einander gegenübergestellt, die, wie M. Paillard ausführte, im Witterungsverlauf ähnlich gewesen seien, weshalb auch die Weine jeweils einen ähnlichen Charakter hätten. Meine Degustationsnotizen dazu:

  • Blanc de Blancs 2004: hefig, Schmelz, gelbe Früchte, nussig, straff, fein, mineralisch
  • Blanc de Blancs 1995: zart gereift, Beeren, viel Karamell, Nüsse, Zitrus, cremig, Mineralik; mit Luft leichte Oxidationsnoten
  • Assemblage 2004: Walnüsse, floral, Kakao, Beeren, präsente Säure, schlank, wirkt jung
  • Blanc de Blancs Grand Cru Extra Brut von Champagne Legras & HaasAssemblage 1995: Kernobst, nussig, Zitrus, straff, etwas Honig, Mandeln, dunkle Beeren, Mineralik, sehr klar, lang, komplex, animierend

Jérôme und Brigitte Legras von Champagne Legras & Haas ließen mich ihr gesamtes Sortiment probieren, wobei der Blanc de Blancs Grand Cru ja schon lange gewissermaßen mein Haus-und-Hof-Champagner ist. Jetzt am Stand begeisterte mich wieder besonders der Blanc de Blancs Grand Cru Extra Brut, ebenso wie der Exigence No. 7 Grand Cru Vieilles Vignes, der nur in ausreichend guten Jahren erzeugt wird.

Anküpfungspunkte: Türkei, Libanon, Kalifornien

Bei meinen Vorstößen an den Rand Europas und darüber hinaus besuchte ich drei große Ausstellungsstände, bei denen ich auf der ProWein 2013 zum ersten Mal gewesen war (siehe Bericht). Die Kontakte und die Weine dort waren so sympathisch gewesen, dass ich in diesem Jahr gern wieder hinging – und wieder lernte und erfuhr ich viel.

Glas mit Rotwein bei der Verkostung von Wines of TurkeyBei Wines of Turkey nahm ich an einer geführten Verkostung mit Sommelier Markus del Monego teil, die eine bemerkenswerte Resonanz zeigte: Der Stand barst fast vor Menschen. Die Probe war ein Vergleich zwischen autochthonen und internationalen Rebsorten, und von den neun Weinen, die ausgeschenkt wurden, erscheinen mir vier erwähnenswert; zufällig sind sie alle rot: Mon Rêve Tempranillo 2011 von LA, Meridies 2010 von Pamukkale (eine Cuvée aus Boğazkere und Cabernet Franc), Kayra Vintage Öküzgözü 2011 von Kyra und Pendore Syrah 2011 von Kavaklıdere. Unter 14 Volumenprozent Alkohol hatte keiner von ihnen, doch sie zeichneten sich alle mindestens durch eine gewisse Nachhaltigkeit und Geradlinigkeit aus; am eindrucksvollsten und komplexesten war dabei der Syrah.

Weingläser bei der Verkostung von Wines of LebanonAuch bei Wines of Lebanon nahm ich an einer moderierten Verkostung teil. Eigentlich sollte es um das Reifepotenzial der libanesischen Weine gehen, was ich äußerst spannend gefunden hätte, doch der Termin war kurzfristig (und leider ohne Benachrichtigung) verschoben worden. So saß ich nun in einer Probe von sieben Weißweinen, wie ich sie letztes Jahr schon mitgemacht hatte. Interessant war es aber allemal, und Weinautor Michael Karam gab in charmantem Plauderton wieder viele anschauliche Hintergrundinformationen über die Herkunft der Weine und die Geschichte der Weinkultur im Land. Die Weine selbst waren gut trinkbar, als Rebsorten dominierten Chardonnay, Viognier und Sauvignon Blanc, doch keiner der Weine verdient hier eine weiter gehende Betrachtung.

Bei den Napa Valley Vintners betreute mich diesmal Dan de Polo von Darioush; das Weingut trägt den Vornamen seines Eigentümers, eines Brückenbau-Ingenieurs mit iranischen Wurzeln. Ich hatte mir – dank der Koordination von Ghislaine Melman von Melman Communications – im Vorfeld 15 Weine ausgesucht, die ich gern verkosten wollte, und in der wiederum sehr angenehm familiären Atmosphäre am (allerdings leider sehr engen) Stand machte Dan das in ebenso lässiger wie zuvorkommender Art möglich. Dabei zeigte er anhand einer Karte, aus welchem Gebiet die Weine jeweils kamen. Grundsätzlich zeichneten sich alle Weine durch ihre Sauberkeit und Ausdrucksstärke aus:

  • Rutherford Sauvignon Blanc 2012, Long Meadow Ranch Winery:
frisch, mineralisch, gelbe Früchte, ausgewogen
  • Napa Valley Chardonnay 2011, Grgich Hills Estate:
Holz, reife gelbe Früchte, frisch, straff
  • Napa Valley Chardonnay 2010, Staglin Family Vineyard:
Holz, etwas rauchig, Zitrus, Vanille, körperreich
  • Miller Ranch Napa Valley Sauvignon Blanc 2012, Silverado Vineyards:
Ananas, floral, leicht, Holunder, rund
  • Viognier 2012 von DarioushNapa Valley Viognier 2012, Darioush:
floral, Kernobst, Holunder, Veilchen, Ingwer, kraftvoll, Orangenblüten, Finesse
  • Estate Los Carneros Pinot Noir 2012, Cuvaison:
Holz, Himbeeren, Gewürze, Kräuter, elegant, straff, geschliffen, Pilze, erdig, nachhaltig
  • W.S. Keynes Vineyard Howell Mountain Merlot 2008, La Jota Vineyard:
Beeren, Tee, Tabak, straff, mürb, fein, elegant, kraftvoll, Schokolade, nachhaltig
  • Against The Wind Napa Valley Cabernet Franc 2009, World‘s End:
Leder, Pfeffer, Gewürze, reife drunkle Beeren, Kraft, Schliff, erdig
  • Crossfire Oakville Cabernet Sauvignon 2009, World‘s End:
kühl, Gewürze, Cassis, Paprika, Schokolade, Nüsse, weiche Frucht, straffes Tannin, kraftvoll
  • Elivette Spring Mountain District Red Blend 2009, Spring Mountain Vineyard:
dunkel, straff, erdig, Gewürze, Leder, Brombeeren, Kräuter, Säurenerv, Schliff, Nachhaltigkeit
  • Rutherford Cabernet Sauvignon 2008, Staglin Family Vineyard:
animalisch, Laub, Tabak, dunkle Beeren, Gewürze, elegant, straff, Schmelz, Finesse, Kraft
  • Napa Valley Cabernet Sauvignon 2010, Darioush:
animalisch, Paprika, Gewürze, dunkle Beeren, erdig-mineralisch, straff, dicht, Pfeffer, kraftvoll, kühl, getrocknete Kräuter, Tabak
  • Napa Valley Cabernet Franc 2011, Darioush:
Kirschen, Veilchen, rote Beeren, Gewürze, Schliff, Kraft, Kräuter, Schokolade, kühl, Lakritz, Heidelbeeren, nachhaltig
  • Napa Valley Shiraz 2011, Darioush:
Pfeffer, Cassis, Kräuter, Vanille, Blaubeeren, Tabak, kraftvoll, mineralisch, Schliff, nachhaltig

Die Weine von Darioush gefielen mir tatsächlich mit am besten – allen voran der wirklich großartige Viognier! Sehr gut waren ebenfalls der Sauvignon von Long Meadow und der Chardonnay von Grgich Hills sowie der Merlot von La Jota, der Red Blend von Spring Mountain und der Cabernet Sauvignon von Staglin.

Kommunikatoren – vor und hinter den Kulissen

Auch diesmal ein Wort zu den PR-Agenturen, mit denen ich vor und während der Messe zu tun hatte, und in diesem Jahr gab es nur positive Erfahrungen: Ghislaine Melman von Melman Communications habe ich ja schon erwähnt; wir korrespondierten über Twitter und per E-Mail, und ihre Vorbereitung war ebenso liebenswürdig wie effektiv. Gleiches gilt für Emily Albers von Albers PRI, mit der nicht nur die Zusammenarbeit, sondern durchaus jeder Kontakt stets eine Freude ist. Sehr angenehm und fruchtbar ist auch die Zusammenarbeit mit David Ecobichon, der mehrere Klienten in Frankreich hat und gleichermaßen verbindlich, umsichtig und zielgerichtet agiert. Bei der Agentur Integra Communication betreuen Nele Weinkauf und Birte Steinfatt den Verband InterLoire und überzeugen dabei mit großem Engagement und Serviceorientierung. Als Spezialist für Südost- und Osteuropa hat sich schon seit einiger Zeit Thomas Brandl von Xenos-Comm einen Namen gemacht, mit dem ich auch im letzten Jahr schon auf der ProWein unterwegs war. Er hat inzwischen Etats unter anderem von der Türkei, Nordgriechenland und Moldawien und tat sich in den Wochen vor der Messe durch eine bestens organisierte Kommunikation mit gut abgestuften Pressemitteilungen und Einladungen zu Degustationen und Abend-Events hervor.

Zu den bereits angesprochenen moderierten Verkostungen will ich auch noch eine Anmerkung loswerden. Eva Dülligen schreibt in der April-Ausgabe des Vinum-Magazins (zu dessen dreiköpfiger Redaktionsleitung für Deutschland sie seit Kurzem gehört) über die alljährlichen Erlebnisse auf der ProWein sehr treffend: „Zwischendurch läuft man dem Who‘s who der internationalen Weinbranche in die Arme: Sommelier-Weltmeistern, Masters of Wine, Winemakers of the Year, die selbst arrhythmisch atmend zu ihrer nächsten Moderation für die kommentierte Verkostung hecheln.“ Das ist wahrhaftig so, denn diese zu Recht hoch dekorierten Experten haben auf der Messe eine Vielzahl von Auftritten in ganz unterschiedlichen Kontexten – und sie leben davon. Eines gilt es jedoch zu bedenken: Sie werden dafür bezahlt, dass sie die Weine ihrer Auftraggeber positiv beschreiben bzw. schön reden; da werden mitunter auch blasse, ausdrucksarme Weine verbal angefüttert und aufgepolstert, und ziemlich graue Abziehbilder werden in den schillerndsten Farben ausgemalt. Es ist daher immer gut – nein: unerlässlich, sich sein eigenes Urteil zu bilden.

Ausflug in die Logistik

Palette mit gesammelten WeinkistenEinen größeren Teil meiner Zeit auf der ProWein nahm neben den Gesprächen und Degustationen auch die Sammlung der Weine für die beiden Schwerpunktthemen „BEST OF Weißweine der Loire“ und „BEST OF Rotweine der Loire“ ein, die im Sommer bei Wein-Plus erscheinen sollen. Bei dieser Gelegenheit lernte ich die beiden Direktoren Matthias Chini-Germain von InterLoire und Guillaume Lapaque von Vins de Bourgueil kennen, die die Aktion unterstützen. Logistisch wurden die Lagerung und der Transport der Weine von Cretschmar Cargo übernommen – doch das in diesem Jahr wohl letztmalig: Der Lagerverantwortliche berichtete mir, dass es ab Herbst nur noch zwei Messespeditionen in Düsseldorf geben werde. Cretschmar sei – obwohl das einzige alteingesessene Düsseldorfer Unternehmen der bisherigen drei Logistik-Dienstleister – „aus Preis- und Prestigegründen“, wie er sagte, bei der aktuellen Ausschreibung „rausgeflogen“; die Zukunft für das Team sei ungewiss. Diese Nachricht ist sehr bedauerlich und mir immerhin so wichtig, dass ich sie hier erwähne.

Die Änderung im Logistikbereich wird jedoch nicht die einzige Neuerung sein nächstes Jahr. Die ProWein 2015 findet vom 15. bis 17. März statt und wird dann von den bisherigen Hallen 1 bis 7 in die Hallen 9 bis 17 umziehen; damit wird sie Platz für noch mehr Aussteller bieten. Aber auch wenn diese räumliche Umstellung erheblich sein wird, bin ich sicher, dass die Atmosphäre auf der Messe dieselbe bleibt – denn die ProWein fühlt sich immer wieder an, wie nach Hause zu kommen.