Content

Die Vorgeschichte: Eine sympathische Französin – die mit ihrer Familie schon lange in Deutschland lebt – hatte sich an einem geselligen Abend zu der Aussage verstiegen, dass sie keinen deutschen Wein kenne, der einem französischen das Wasser reichen könne. Daraufhin beschloss ein vinophiler Freund von mir, der bei jener Gelegenheit auch zugegen gewesen war, den Gegenbeweis anzutreten.

Pinot Brut Privat Cuvée, KöbelinDa die Beteiligten im Raum Mannheim-Heidelberg wohnen, sollte nun mit Gewächsen aus Baden gezeigt werden, welche Qualitäten deutsche Spitzenbetriebe hervorbringen und dass diese Weine den Vergleich mit Frankreich keinesfalls zu scheuen brauchen. Besagter Freund besorgte also bei renommierten badischen Winzern ein knappes Dutzend Weiß- und Rotweine – alle in Magnumflaschen – und lud das französische Paar zusammen mit weiteren Gästen zu einem kulinarischen Begängnis ein. So kamen an einem Sonntag Nachmittag insgesamt 15 weininteressierte bis -begeisterte Genießer zusammen, jeder brachte etwas für ein großes Buffet mit, und gemeinsam probierten wir Riesling, Weiß-, Grau- und Spätburgunder vom Kaiserstuhl, aus dem Breisgau und aus dem Kraichgau.

Zum Aperitif gab es konsequenter Weise auch keinen Champagner, sondern badischen Winzersekt:

Pinot Brut Privat Cuvée von Arndt Köbelin

Hefe, Äpfel, Birnen, Quitten, Blüten, Nüsse, zarter Säurebiss, weiches Mousseux, Schliff und Schmelz, sehr fein und geschmeidig, im Abgang Pistazien und Holunder

 

2012 Riesling Winklerberg GG, Dr. HegerDie Speisenfolge, die anschließend nach und nach aufgetragen wurde, konnte sich sehen lassen:

  • Holzofenbrot mit Salzbutter
  • Maronensuppe
  • Feldsalat mit geräucherter Gänsebrust und Lardo vom Wollschwein
  • Trouchia (südfranzösische Mangold-Tarte)
  • Vitello Tonnato
  • marinierte Hähnchenschenkel mit gebackenen Rosmarinkartoffeln und Ofengemüse
  • Reblochon, Brie de Meaux und Roquefort mit Früchtebrot
  • 2012 Weißburgunder A, KellerApfel-Birnen-Crumble mit Zabaione
  • Linzer Schnitte, Engadiner und Petits Fours

 

Die Weine verkosteten wir dazu in folgender Chronologie:

2012 Riesling Winklerberg Grosses Gewächs von Dr. Heger

ein Hauch Petrol, Zitrusfrüchte, Äpfel, Kräuter, straff, geschliffen und fein, Mineralik, Zitronenmelisse, gewisse Tiefe, etwas Gras, mit Luft auch Pfirsiche

Trotz seines noch eher jugendlichen Alters war der Riesling schon jetzt gut trinkbereit und sehr zugänglich.

2012 Weißburgunder A trocken von Franz Keller

sehr reduktiv, Jod, Anklänge an Vanille, Kernobst und grüne Nüsse, fast an Islay-Whisky erinnernd

2010 Weißburgunder Kirchberg GG, SalweyDieser Weißburgunder war in einer komplett verschlossenen Phase; er wirkte geradezu in sich verkrampft und machte auch im größten Glas und mit viel Luftkontakt keinerlei Anstalten, sich zu öffnen. Liegen lassen!

2010 Weißburgunder Kirchberg Grosses Gewächs von Salwey

vegetabil, reife Quitten, Mangos, Haselnüsse, Vanille, Karamell, viel Schmelz, salzige Mineralik, feine Säure, mit Luft zunehmend straff, nachhaltig, rund und saftig, im Abgang herb-gewürzige Noten

Ein Weißburgunder wie aus dem Bilderbuch, der sich bereits jetzt mit großem Genuss trinken ließ.

2011 Pinot Gris Spiegelberg trocken von Heitlinger

rote Bete, Kernobst, pflanzlich, nussig, deutlich alkoholisch, Erdbeeren, Hagebutten, eher rustikal, wenig Charme

2011 Grauburgunder Spiegelberg, HeitlingerNach einhelliger Meinung kein schlechter Wein, aber leider einfach nicht sonderlich sympathisch.

2011 Grauburgunder Alte Reben trocken von Klumpp

Kräuter, Mineralik, floral, sehr geradlinig, fein, Kernobst, Nüsse, erdig und salzig, Kraft und Eleganz

Ein wirklich schöner Grauburgunder, der sich wie ein Leichtathlet mit präzise definierten Muskeln präsentierte und große Trinkfreude bereitete.

2008 Grauburgunder Eichberg Grosses Gewächs von Salwey

rote Beeren, Gewürze, Tabak, reife Bananen, Nüsse, Pinienkerne, brillante Frucht, Kernobst, Kräuter, Mineralik, Finesse und Eleganz, Kraft und Tiefe, vielschichtig und sehr geschliffen, viel Charme

Ein Hochgenuss, der für die meisten Gäste der beste Weißwein und in jedem Fall einer der großen Favoriten der gesamten Veranstaltung war.

2011 Grauburgunder Alte Reben, Klumpp2010 Spätburgunder Rothenberg trocken von Klumpp

Kirschen, Waldbeeren, Pfeffer, etwas rohes Fleisch und Blut, Schmelz, Karamell, Nougat und Schokolade, getrocknete Kräuter, sehr elegant, nachhaltig

Ein sehr überzeugender Pinot Noir, eher weich angelegt.

2011 Spätburgunder Feuerberg Grosses Gewächs von Bercher

Rauch (erinnernd an eine Zigarrenlounge, nachdem die letzten Gäste gegangen sind), Brombeeren, Cassis, Sauerkirschen, Kräuter, erdig, Tabak, kompakte Mineralik, Schliff, Schmelz, straff und tief

Ein wahrhaft großer Spätburgunder, der jedoch noch mindestens zehn Jahre brauchen wird, um sich ganz zu entfalten; am besten erst 2025 oder 2030 wieder anfassen.

2008 Grauburgunder Eichberg GG, Salwey2008 Spätburgunder Mimus trocken von Dr. Heger

geschmortes Rindfleisch, dunkle Beeren, Gewürze, speckiges und rauchiges Holz, kompakt, getrocknete Kräuter, Cassis, Bitterschokolade, Mineralik, Pflaumen, dicht

Ein Vertreter des dunklen, konzentrierten Stils; nicht ganz mein Fall, aber ein kraftvoller, würziger, gut gemachter Pinot Noir.

Den 2004 Bombacher Sommerhalde Spätburgunder R trocken von Bernhard Huber rührten wir – leider – nicht mehr an, sondern wechselten zu vorgerückter Stunde wieder zum Weißwein:

2009 Chardonnay trocken von Bernhard Huber

geschliffen, Äpfel, Birnen, Quitten, Kräuter, Tabak, Mineralik, Vanille, Schmelz, ein wenig laktisch, Gewürze, vegetabil, präsente Säure, nachhaltig; kommt erst zaghaft, wird aber dann zunehmend straff und zeigt mit Luft Anklänge an Rauch, Mokka und Karamell

2011 Spätburgunder Feuerberg GG, BercherEin fantastischer Chardonnay, jetzt aber immer noch erheblich zu jung! Etwa fünf Jahre Reife werden ihm noch gut tun.

Mich freut besonders, dass Salwey mit den beiden weißen Burgundern in dieser Probe so überzeugt hat, und erwartungsgemäß war auch Bercher sehr beeindruckend. Profilieren konnte sich aber auch Klumpp in bemerkenswerter Weise – und Huber ist ohnehin über jeden Zweifel erhaben.

Es war ein äußerst angeregter Nachmittag und Abend, der sich von der Begrüßung der ersten bis zur Verabschiedung der letzten Gäste über sage und schreibe zwölf Stunden hinzog. Die Zeit verging wie im Flug – alle tauschten ihre Wahrnehmungen beim Verkosten aus, unterhielten sich aber auch über zahllose andere Themen, es wurde erzählt, diskutiert, gelacht und gefachsimpelt bis spät in die Nacht. Den Gastgebern und allen „Mitstreitern“ an dieser Stelle noch einmal ganz herzlichen Dank!

Ach ja – auch die Französin war übrigens bereits bei den Weißweinen sehr angetan von der Qualität und bekannte freimütig, dass sie nun einen besseren Eindruck von den deutschen Weinen habe. Mission erfüllt!