Heute muss ich mal meine sprachliche Pedanterie herauskehren. Oft höre ich: „Gehst du wieder zu einer Weinverköstigung?“ Gemeint ist dann eine Weinprobe, und deren besuche ich tatsächlich viele im Jahr. Aber mit Verköstigung hat das nichts zu tun; es handelt sich allenfalls um eine Weinverkostung. Und Verkostung und Verköstigung ist nicht dasselbe, auch wenn sowohl „verkosten“ als auch „verköstigen“ auf denselben sprachlichen Ursprung zurückgehen.
Allerdings gibt es im Deutschen zwei gleichlautende Verben namens „kosten“, die eine unterschiedliche Herkunft haben und sich auch in ihrer Bedeutung unterscheiden. Das eine „Kosten“ kommt aus dem Lateinischen und geht zurück auf „costare“. Es bedeutet: „einen bestimmten Preis haben“ oder „wert sein“. Verwandt damit ist das französische Verb „coûter“, das ebenfalls mit „kosten“ zu übersetzen ist. Beispiele für dieses „Kosten“ sind: etwas kostet 10 Euro / viel Mühe / ein Lächeln / das Leben.
Das andere „Kosten“ kommt aus dem Germanischen und geht zurück auf „kus-to“. Es bedeutet „probieren“ oder „abschmecken“ und ist eindeutig auf den Bereich der Nahrungsmittel festgelegt. Eine Parallele gibt es wiederum im Lateinischen, wo „gustare“ („versuchen“) sich von „gustus“ („Geschmack“) ableitet, was – wie zufällig auch immer – „kosten“ im Klangbild ähnelt. Die französische Entsprechung ist übrigens „goûter“. Beispiele für dieses „Kosten“ sind: jemand kostet die Suppe / das Fleisch / den Wein.
Dieses zweite „Kosten“ ist nun auch für „verkosten“ und „verköstigen“ maßgeblich, die sich beide ausschließlich auf Lebensmittel beziehen. „Verkosten“ bedeutet insofern genau wie „kosten“, ein Nahrungsmittel zu probieren, es auf Qualität zu prüfen. Die Vorsilbe („ver-“) macht das Wort jedoch zum Fachbegriff für Wein-, Spirituosen- und auch Kaffee- und Tee-Proben. Hier kommen kundige Menschen (vulgo: Experten) zusammen, um gezielt den Geruch und Geschmack des entsprechenden Lebensmittels zu testen. Der Wein wird verkostet, er wird probiert, er wird degustiert (hier erscheint wieder die Verwandtschaft zu lat. „gustare“). Somit ist „Weinverkostung“ ein vollwertiges Synonym für „Weinprobe“ und für „Weindegustation“.
„Verköstigung“ bedeutet dagegen „Bewirtung“, also die Versorgung mit Nahrungsmitteln. Verköstigt werden demnach nicht die Lebensmittel selbst, sondern Menschen mit ihnen. Verköstigt werden Gäste. Einen Wein kann ich nicht verköstigen (es sei denn, ich setze ihm etwas zu essen vor, das er dann auch verzehrt – wer so einen Wein kennt, her damit). Einen Wein – ebenso wie sämtliche anderen Lebensmittel auch – kann ich nur verkosten. Eine „Weinverköstigung“ kann also höchstens bedeuten, dass Menschen mit Wein versorgt werden. Ansatzweise geschieht das bei einer Degustation ja auch, aber nicht zum Zweck der Sättigung; insofern trifft der Begriff der „Versorgung“ bei einer Weinprobe nicht wirklich zu.
Kurz gesagt: Eine Weinprobe ist eine Verkostung oder Degustation, keine Verköstigung. Wenn ich zu einer Verköstigung gehe, dann kriege ich dort etwas zu essen und zu trinken, und zwar hoffentlich genug, im Idealfall gratis und gerne so, dass ich hinterher sagen kann: „Es war köstlich!“