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Eigentlich kaum vorstellbar, dass ich so viele Jahre im Rhein-Main-Gebiet gelebt habe, ohne das weithin bestens beleumundete Restaurant „schauMahl“ in Offenbach zu kennen. Eine „Wein&Genuss“-Veranstaltung gab mir nun die Gelegenheit, dieses gastronomische Kleinod kennenzulernen: ein fünfgängiges Gourmet-Menü mit Weinen aus dem renommierten Elsässer Haus Trimbach.

Champagne Taittinger Brut Réserve MethusalemErfreulicherweise für die Gastgeber war das Event ausgebucht. Aus der Küche von Björn Andreas kamen höchst gelungene Köstlichkeiten, Restaurantleiterin Esra Egner, Sommelier Raffaele Fazio und ihr Serviceteam umsorgten aufmerksam, charmant und humorvoll die Gäste, und durch den Abend führte sympathisch und kenntnisreich Gaël Hervé vom Wein Service Bonn, dessen Firma nicht nur Trimbach, sondern unter anderem auch Taittinger in Deutschland vertritt. So kam es, dass bereits der Aperitif außergewöhnlich und nachgerade pompös geriet: Ausgeschenkt wurde eine Methusalem-Flasche (d.h. sechs Liter) Champagne Taittinger Brut Réserve – frisch, saftig und nachhaltig mit Aromen von Zitrusfrüchten und Äpfeln, leicht rauchigen und mineralischen Noten, animierender Säure und lebendiger Perlage.

Nachdem der Champagner den Geist entspannt und die Sinne angeregt hatte, begann das Menü:

2015 Riesling Réserve, Trimbach1. Entenleberterrine mit geeistem Kopfsalatsüppchen, Parmesanchip, Kalamansi und Knoblauch

Ins Glas kam dazu der 2015 Riesling Réserve: kraftvoll, geradlinig, fest gebaut und nachhaltig mit Aromen von Zitrusfrüchten, Physalis, grünem Apfel und Blüten, zarter kräuteriger Würze, präsenter Säure, im Hintergrund Noten von Aprikose, Rosmarin, Thymian und etwas Kamille, ausgeprägter Mineralität und feinem Schmelz; mit Luft strafft er sich noch und geht aromatisch stärker in Richtung Pfirsich.

Die Kombination mit der Vorspeise war von angenehmer Spannung geprägt: Die Entenleberterrine betonte die Steinobstaromen und versuchte, dem Wein eine gewisse Wärme (in der Textur) zu verleihen. Mit dem sehr säurebetonten Kopfsalatsüppchen kristallisierte der Wein jedoch stattdessen und brachte seine eigene Säure stärker in den Vordergrund. Katalysiert wurde das sensorische Zusammenspiel durch den Parmesanchip mit seiner noblen, warmen Würze, und auch die salzige Mineralität des Weins wirkte als verbindendes Element.

2012 Riesling Grand Cru Geisberg, Trimbach2. Heilbutt mit Erbsen, Morcheln, karamellisierten Karotten, Erbsen-Minz-Creme und Morcheljus

Ein bezaubernder Gang, den kongenial der 2012 Riesling Grand Cru Geisberg begleitete: tief, komplex und fein, dazu sehr geradlinig und fest mit Aromen von Blüten, Pfirsichen, Aprikosen und Zitrusfrüchten, einer tiefen, salzigen, fast ein wenig metallischen Mineralität, präsenter Säure, gewisser Kraft und großer Länge – im Entwicklungsstadium noch ein Kleinkind, aber schon eines mit Persönlichkeit, Finesse und Nachhaltigkeit.

Zusammen mit der meisterlichen Kreation der Küche zog der Wein sich immer mehr in seine Feinheit zurück (was eine unbedingt positive Aussage ist); bei all seiner Leichtigkeit trug er das Gericht auf Händen – nein: auf Flügeln und verband sich ganz mühelos mit allen Komponenten, ob erdig, salzig, leicht süßlich oder ätherisch.

Ein berührender, endlos feiner Wein – und in Kombination mit der Speise Aromatik
auf Subraumebene.

2011 Riesling Clos Sainte Hune, Trimbach3. Maischolle mit Soba-Nudeln, Croustillon aus Jakobsmuschel und Speck und Ponzu-Sud

Mit dem 2011 Riesling Clos Sainte Hune gab es hier eine echte Rarität – ebenfalls noch ausgesprochen jung: tief, konzentriert und fest, zupackend und bezwingend mit Aromen von Aprikosen, Pfirsichen, Kräutern und teilweise kandierten Zitrusfrüchten, erdig-würzigen Tönen, bestens eingebundener Säure, gewaltiger Mineralität und großer Länge – ein ergreifender Wein, wie ein gemeißeltes Kunstwerk mit Kraft, Schliff und Struktur; Gänsehaut.

Und er zeigte Noblesse, denn er begleitete souverän, wohlwollend und unangestrengt alle Elemente des komplexen Gerichts, und zwar ohne auch nur ansatzweise überheblich oder dominant zu sein. Doch Vorsicht – der Clos Sainte Hune kann auch zur Diva werden: Denn wird dieser Wein zu warm oder bekommt er zu schnell zu viel Luft, wird er unleidlich, kehrt brüsk seinen Alkohol heraus und wirkt unausgeglichen. Also: Ruhe und Zeit sind für dieses außerordentliche Gewächs – wie für jeden hochkarätigen Wein – die besten Ratgeber, um ihn zu genießen.

2008 Riesling Cuvée Frédéric Émile, Trimbach4. Lammfilet in Meerrettichkruste mit Sellerie-Bärlauch-Püree, Bohnen und Jus

Lamm mit Weißwein, und dann auch noch Riesling? Aber ja – mit dem 2008 Riesling Cuvée Frédéric Émile! Um zu sich zu kommen, braucht der Wein viel Luft; erst nach gut fünf Minuten im Glas verschwinden allmählich die zunächst vorherrschenden Muff-, Rauch- und Petroltöne, die im ersten Moment sogar an einen Weinfehler denken lassen. Dann aber erstrahlt er: Aromen von Zitrusfrüchten (Zitrone, Pampelmuse, Orange), Karambole und Minze, pflanzliche Noten, präsente, lebendige, animierende Säure, intensive Mineralität, Spannung und vibrierende Länge. Trotz seines Alters wirkt der Wein jugendlich und hat noch mehrere Jahrzehnte vor sich.

Dem Gericht verlieh er eine neue Dimension an Finesse, unbeirrbar und mit subtiler Hartnäckigkeit. Er schob seine Säure in den Vordergrund und inszenierte sich dadurch als ebenso charmant wie erfrischend. Der Schlüssel in dieser Kombination war der Meerrettich, der den Wein auch mit den dunklen, würzigen Aromen von Fleisch, Sauce und Gemüse verband. Eine Überraschung!

2011 Gewürztraminer Cuvée des Seigneurs de Ribeaupierre, Trimbach5. Erdbeertiramisu mit Joghurteis, Nüssen, Minz-Emulsion, Erdbeer- und Limetten-Gel

Ein interessantes, durchaus forderndes Dessert, dem mit dem 2011 Gewürztraminer Cuvée des Seigneurs de Ribeaupierre aber wiederum ein würdiger Partner zur Seite stand: intensiv, kraftvoll und tief mit Aromen von Rosenblüten, Rosenholz, Pfirsichen und Apfelkompott, Anklängen an Heu, getrocknete Kräuter und Trockenblumen, mineralischen Noten, feiner Säure, viel Schmelz und Nachhaltigkeit.

Die einzelnen Komponenten des Gerichts brachten den Wein zum Klingen wie ein Musikinstrument: mit den Erdbeeren schmeckte er leicht süßlich, mit den Nüssen zart würzig, die Minze betonte die Säure und das Joghurteis die Mineralität – alles sehr differenziert und stimmig.

Der Abend ging zu Ende mit großzügig ausgeschenktem Eau de Vie de Mirabelle oder Kirsch von Trimbach, beseelten Gesprächen, einem tiefen Wohlgefühl und der sicher noch lange währenden Erinnerung an ein kulinarisches Erlebnis, das mit diesen Weinen und diesem Menü einzigartig gewesen sein dürfte.

Merci beaucoup – et à la prochaine!