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Am Samstag, dem 26. November fand die Gala anlässlich des 25. Deutschen Rotweinpreises statt, auf der auch ich zu Gast war. Das Magazin Vinum veranstaltet diesen Wettbewerb seit 1987 und zeichnet dabei die besten deutschen Rotweine in verschiedenen Kategorien aus. Im Jahr 2011 hatten mehr als 400 Erzeuger rund 1.700 Weine zur Verkostung eingereicht, von denen 427 ins Finale kamen. 17 Weine wurden nun während der Gala prämiert, deren Rahmen diesmal die Alte Kelter in Fellbach war – ein großflächiges Fachwerk-Gebäude mit imposanter hölzerner Dachkonstruktion.

Es war eine stimmungsvolle Feier, bei der ich zu meiner Freude auch zahlreiche Mitglieder der 16-köpfigen Jury (wieder einmal) traf – etwa Vinum-Chefredakteurin Britta Wiegelmann, Wettbewerbsorganisator Rudi Knoll, die Weinhändler Gisela Pöhler und Wolfgang Behrens, Trainerin Christine Schloter, Sommelier Cormac Clancy sowie BASF-Weinrepräsentantin Katja Schweder. Durch den Abend führte in bewährter, launiger Manier SWR1-Moderatorin Petra Klein, die mit Winzern und Ehrengästen unter anderem über die Rivalität zwischen Baden und Württemberg sowie über Generationen- und Garderobenfragen plauderte, was indessen stellenweise zum Geplänkel geriet. Auch zugegen war der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger, dessen Präsenz und Rhetorik jedoch wahrhaftig entbehrlich gewesen wären.

Die Preisträger wurden in mehreren Gruppen zwischen den fünf Gängen des Menüs geehrt, zu denen (mit Ausnahme des Desserts) jeweils drei bis vier Rotweine serviert wurden. Meine Favoriten waren zum Ackersalat mit Kartoffel-Balsamicodressing, (etwas fader) geräucherter Gänsebrust und Croûtons der 2009 St. Laurent „R“ vom Weingut Bender, zur Schaumsuppe von gelben Linsen mit Parmaschinken der 2009 Syrah vom Weingut Rings, zur (ein wenig trockenen) glasierten Zanderschnitte mit getrüffelten Filderkraut-Schupfnudeln der 2009 Schwarzriesling vom Weingut Seeger und zur geschmorten Ochsenschulter auf Rosenkohlpüree mit Brezen-Speckknödeln und Preiselbeerjus der 2009 Cabernet Sauvignon „Filet“ vom Weingut Metzger. Die 2010 St. Laurent Beerenauslese vom Weingut Frey zur warmen Zwetschgentarte mit Orangen-Zimtstreusel und (ziemlich pappigem und fadem) geeistem Ofenschlupfer überzeugte ebenso wie die 2010 Cabernet Sauvignon Beerenauslese desselben Produzenten als Apéritif. Bis auf den Schwarzriesling, der aus Baden kam, stammten interessanterweise sämtliche von mir favorisierten Gewächse aus der Pfalz. Insgesamt ist festzuhalten, dass nahezu alle vorgestellten Weine deutlich holzbetont waren – nicht immer harmonisch und wohl nicht immer mit Einsatz besten Holzes.

Zusätzlich versteigerte Vinum „rote Legenden“: zehn Lots ehemaliger Siegerweine (teilweise in Magnums und Doppelmagnums). Mit dem Erlös von 2.010 Euro (der von Rudi Knoll auf symbolische 2.011 Euro im Jubiläumsjahr erhöht wurde) soll der Ausbau des Fellbacher Weinlehrpfads unterstützt werden. Auch wenn – unter anderem von Fellbachs Oberbürgermeister Christoph Palm – das Gegenteil betont wurde, entsteht hier doch der Eindruck, als würden lediglich öffentliche Gelder aufgestockt, so dass ein wirklich guter im Sinne von karitativer Zweck der Versteigerungsaktion fraglich erscheint. Hier wäre mehr Wohltätigkeit möglich gewesen.

Besonders eingebunden in das Programm des Abends war die amtierende Deutsche Weinkönigin Annika Strebel, die fast mehr Zeit auf der Bühne als an ihrem Tisch verbrachte. Leider wurde sie dort jedoch in einer Weise vorgeführt, die ich als geschmacklich grenzwertig empfand: Ständig schob man sie herum (und zwar nicht, weil sie „falsch gestanden“ hätte), und die permanente Küsschen-Koketterie, die sogar auf das Publikum irgendwann zermürbend wirkte, muss auch ihr selbst auf Dauer eher lästig gewesen sein – jeden Preisträger und auch Laudator sollte sie herzen. Der königliche Kuss wurde sukzessive zum albernen bis würdelosen Politikum, und die Majestät sah sich dabei mitunter behandelt wie ein Schulmädchen. Das haben weder Annika Strebel noch ihr Amt noch die Veranstaltung nötig. Wenn die Deutsche Weinkönigin auf billige Weise zum Lustobjekt für Funktionäre und Honoratioren degradiert wird, muss sich Branche meines Erachtens dringend Gedanken um ihr Image und, ja, um ihre Moral machen.

Um kurz nach Mitternacht, nach dem offiziellen Programm und dem letzten Gang des Menüs, kündigte Moderatorin Petra Klein an, jetzt werde „gefeiert ohne Ende“ – doch nach bereits einem weiteren Stück hörte die Band auf zu spielen und der Getränkeservice wurde eingestellt. Der darauf folgende geradezu fluchtartige Aufbruch der meisten Gäste führte viele zunächst noch ins Foyer, wo die Party bei Bier und Cocktails von Trollinger 2.0 tatsächlich weiter ging – doch leider in einem weniger anheimelnden Ambiente irgendwo zwischen Bahnhofshalle und Messeabbau.

Eine gemütlichere Atmosphäre versprach man sich dann vom Hotel, doch die dortige Bar war wegen Wochenendes (!) geschlossen. Dennoch konnte ein harter Kern von Gästen erwirken, dass zumindest die Räumlichkeiten (und Gläser) genutzt werden durften. So ließ letztlich ein bunt gemischter Kreis aus feierwilligen Weinbegeisterten in kompletter Selbstversorgung dank von den Winzern aus diversen Kofferräumen beigesteuerter (und somit gut gekühlter) Weiß- und Rotweine die Gala noch bis weit nach vier Uhr früh ausklingen. Das Hotel hat hier sicher eine große Umsatzchance verpasst.

Nach kurzer Nacht zeigte das Frühstück am Sonntagmorgen noch einmal den besonderen Charme des Deutschen Rotweinpreises: Es ging zu wie bei einem Familientreffen am Morgen nach einer großen Hochzeit. Kollegen, Bekannte, Freunde kamen, setzen sich zusammen, schwätzten miteinander – und verabschiedeten sich schließlich in der gemeinsamen Vorfreude auf den Wettbewerb 2012 und die nächste Gala.