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An einer besonderen Degustation durfte ich vor einigen Wochen in Österreich teilnehmen. Ich war wieder zu Gast bei Kurt und Daniela Steiner in Bad Vöslau, wo ich bereits vor gut einem Jahr eine bemerkenswerte Probe der 2017er Gewächse ihres Weinguts „Vinea Volcania Ludovici“ erlebte, über die ich auch hier im Blog berichtet habe: Vermächtnis des Großvaters

Tisch mit Verkostungsgläsern in der Bibliothek des Hauses von Familie SteinerIn der Zwischenzeit wurden die Weine von renommierten Fachmedien ausgezeichnet, worüber sich die gesamte Familie Steiner sehr freut: eine weitere Bestätigung ihrer gemeinsamen Arbeit und Leidenschaft. Bei der besagten Degustation vor einigen Wochen nun präsentierte Kurt Steiner den 2018er Jahrgang. Wir verkosteten an diesem Abend jedoch nicht nur die aktuellen Weine, sondern auch einige ihrer drei Jahre älteren Pendants aus dem Jahrgang 2015 – als Beleg dafür, dass die Gewächse erst mit einigen Jahren Reife ihr ganzes Potenzial offenbaren. Und es gab dazu einige Weine aus der Schweiz, die die Probe ausgesprochen bereicherten und noch spannender gestalteten. Dabei vollzog sich die Verkostung nacheinander mit viel Zeit für jeden einzelnen Wein und maximal in Zweier-Flights – dann jedoch nicht in Gegenüberstellung der unterschiedlichen Jahrgänge eines Weins, sondern gepaart mit einem Schweizer Wein.

Vinea Volcania Ludovici

Nobiles 2018 von Vinea Volcania LudoviciZur Erinnerung: Das Weingut „Vinea Volcania Ludovici“ von Familie Steiner – übersetzt etwa „Ludwigs Vulkan-Weingarten“, eine Reminiszenz an Danielas Großvater, der das Gut gründete und über 70 Jahre lang betrieb – liegt in Klöch, knapp zehn Kilometer nördlich von Bad Radkersburg in der Südoststeiermark. Im Nebenerwerb werden hier heute vier Weißweine erzeugt, die ebenfalls alle lateinische Namen tragen:

  • Venustus (übersetzt: anmutig, liebreizend), ein reinsortiger Welschriesling
  • Ab Avo (übersetzt: vom Großvater), ein reinsortiger Riesling
  • Proavitus (übersetzt: von den Vorfahren geerbt), ein reinsortiger Traminer
  • Nobiles (übersetzt: die Edlen), eine Cuvée aus (im Jahrgang 2018) 50 % Riesling, 20 % Traminer sowie jeweils 15 % Welschriesling und Sauvignon Blanc

Mit dem Jahrgang 2018 tragen die Weine die neu eingeführte geschützte Herkunftsbezeichnung „Vulkanland Steiermark DAC“. Die Abkürzung „DAC“ steht dabei für „Districtus Austriae Controllatus“ und kennzeichnet die Gewächse als besonders gebietstypisch und gemäß den entsprechenden Qualitätsvorgaben (Rebsorten, Restzuckergehalt, Reifezeit etc.) produziert.

Liebesbekenntnis zum Schweizer Wein

Ab Avo 2018 von Vinea Volcania LudoviciKurt Steiner ist darüber hinaus Würdenträger des Europäischen Weinritterordens (Ordo Equestris Vini Europae) und dem Schweizer Wein seit vielen Jahren eng verbunden. „Man kann von einer Art ‚Liebesbeziehung‘ sprechen“, bekennt er und erzählt, wie es dazu kam: Nach dem Besuch der Bregenzer Festspiele verbrachten Daniela und er einige Tage bei einer Freundin im Wallis und lernten so das Weinhaus Cave du Rhodan Mounir in Salgesch kennen. Das war vor rund 15 Jahren – „und da ist es passiert; wegen der Sortenvielfalt und der beeindruckenden Qualität, auch wegen des eigenen, speziellen Charakters der Weine“, erklärt Kurt. Damals habe er sich in das Weinland Schweiz verliebt, beschäftigte sich fortan intensiv mit den eidgenössischen Gewächsen und begann dann, „fast jedes Jahr für gute Weinfreunde und sehr fachkundige Weinritter eine große und strukturierte Verkostung von Schweizer Weinen zu organisieren“ – mit 50 und mehr Exemplaren sowie einem fünfgängigen Menü. „Mein uneingeschränkter Favorit ist die Sorte Petite Arvine, und hier von Winzerin Marie-Thérèse Chappaz“, zu der er „ein sehr gutes Verhältnis“ habe, schildert Kurt weiter.

Proavitus 2018 von Vinea Volcania LudoviciEr berichtet auch von seiner Verbindung zum Europäischen Weinritterorden: „Für den Ordo Equestris Vini Europae ist es eine große Freude, dass es in der Schweiz ein Consulat gibt, das sich bestens entwickelt. Ich hatte die Ehre, vor mehr als zehn Jahren als für die Schweiz zuständiger Senatsgesandter am Aufbau und an der Entwicklung des Consulats Schweiz intensiv mitwirken zu dürfen. Nunmehr, als Senatsdignitär und Senator tit.h.c., der für Önologie und die Repräsentation des Ordens zuständig ist, pflege ich weiterhin beste Kontakte zu den Schweizer Weinrittern, aber auch zu zahlreichen Schweizer Winzern.“ Mindestens einmal, meist sogar mehrfach im Jahr sei er in der Schweiz, sagt Kurt, unter anderem zur Zürcher Weinmesse „Expovina“ sowie „jedes Jahr Anfang November, meist als Viceconsul, der die Zeremonien leitet, beim größten Fest der Schweizer Weinritter, dem Consulatsfest, das dort als ‚Martini-Fest‘ begangen wird. Zahlreiche enge Freundschaften mit exzellenten Weinkennern aus der Schweiz haben sich entwickelt, viele Schweizer Weinritter und Freunde waren auch schon bei uns in Klöch und haben sogar bei uns im Weingarten mitgearbeitet.“

Organisatorischer und kulinarischer Rahmen

Blick durch ein Weinglas auf den Probentisch mit FlaschenFür unsere Degustation hatte Kurt drei leicht gereifte Schweizer Weißweine aus dem Wallis vorbereitet, für den Vergleich sinnvollerweise aus den – zumal regionstypischen – Sorten Savagnin Blanc (alias Traminer) und Petite Arvine: den 2015 Heida Réserve des Administrateurs und den 2015 Petite Arvine Réserve des Administrateurs vom Cave Saint-Pierre sowie den 2016 Grain Arvine de Fully von Marie-Thérèse Chappaz, der sich tatsächlich als einer der beeindruckendsten Weine erweisen sollte, die ich je im Glas hatte.

Für die Verkostung verwendeten wir in einigen Fällen wechselweise das Burgunderglas und das Universalglas von Zalto, um zu verfolgen, wie sich die Weine im einen und im anderen Glas sensorisch präsentierten. Um uns zwischendurch zu stärken – und die Zusammenkunft damit zur kulinarischen Weinprobe zu erheben –, gab es dazu hausgeselchte Rindszunge mit Preiselbeer-Oberskren (auf Hochdeutsch: selbst gepökelte Rinderzunge mit Preiselbeer-Sahnemeerrettich).

Als „Postludium“ – ein brillanter Begriff von Kurt höchstselbst dafür – wurden später noch rosa gebratenes, kalt aufgeschnittenes Roastbeef mit Sauce Tartare, Sauce Cumberland und Rotwein-Zwiebel-Chutney sowie eine feine Käse-Auswahl gereicht, und dazu genossen wir vier gereifte Rotweine aus Österreich und Italien.

Im Folgenden gebe ich meine Verkostungsnotizen für alle Weine in der Reihenfolge wieder, in der wir sie an jenem Abend probierten. Bereits an dieser Stelle spreche ich Kurt und Daniela Steiner meinen tiefen Dank für die großzügige Einladung und die herzliche Gastfreundschaft aus.

Degustationsnotizen

2018 Venustus Welschriesling Vulkanland Steiermark DAC, Vinea Volcania Ludovici

Venustus 2018 von Vinea Volcania LudoviciIn der Nase Noten von Zitrusfrüchten und Kräutern sowie florale Anklänge. Im Mund schlank mit Zitrus-, Apfel- und Blütenaromen, animierender Säure, mineralischen Anklängen und ordentlichem Abgang.

2018 Ab Avo Riesling Vulkanland Steiermark DAC, Vinea Volcania Ludovici

In der Nase Noten von Äpfeln, Zitrusfrüchten, Pfirsichen und Kräutern. Im Mund saftig mit Aromen von Pfirsichen, Äpfeln und Zitrusfrüchten, animierender Säure, mineralischen Tönen, feinem Schmelz und ordentlichem bis gutem Abgang. Luft tut diesem Wein gut: Aprikosen- und Kräuternoten kommen verstärkt zum Vorschein, er entwickelt mehr Zug; mit der Zeit zeigen sich florale Töne, der Wein wird noch straffer und zeigt stärker seine Mineralität.

2018 Nobiles Vulkanland Steiermark DAC, Vinea Volcania Ludovici

In der Nase Noten von gelben Früchten, Kräutern und Rosenblüten. Im Mund sehr geradlinig, saftig, ausgewogen, animierend und fein mit Aromen von Äpfeln, Birnen, Zitrusfrüchten und Blüten, feiner Säure, mineralischen Tönen und ordentlichem bis gutem Abgang.

2016 Grain Arvine de Fully AOC Valais, Marie-Thérèse Chappaz

Grain Arvine de Fully 2016 von Marie-Thérèse ChappazIn der Nase tief, lebendig und sehr vielschichtig mit feinen floralen Tönen, Noten von Limetten, Pampelmusen, etwas Muskat, Kürbiskernen und etwas ätherischen Kräutern sowie erdigen und kreidigen Anklängen. Im Mund berührend – ein Gänsehaut-Wein –, extrem fein, vibrierend mit Aromen von Blüten, Äpfeln, Birnen und Mirabellen im facettenreichen Spiel, sehr feiner, animierender Säure, sehr feiner, dabei bezwingender Mineralität, salzigen Tönen und langem Abgang mit Zug. Völlig selbstverständlich und in sich geschlossen, aristokratisch: Er sitzt einem gegenüber und sagt gar nichts, er schaut einen nur an, und man erfriert zuerst fast und beginnt dann zu schwitzen. Feiner Blütenstaub von Apfel-, Birnen- und Mirabellenbäumen wird über die Zunge gestreut, Honigschmelz und Noten von frittiertem Salbei erscheinen. Der Wein ist fest gebaut und tänzelnd zugleich, erstrahlt mit Luft und zeigt immer stärker seine salzige Mineralität, die ein langes Echo hinterlässt. Er lässt sich über Tage trinken und über etliche Jahre aufbewahren.
Nach dreieinhalb Stunden an der Luft: In der Nase Noten von Heu, getrockneten Blüten, weißen und gelben Früchten, Kräutern und etwas Honig. Im Mund tief, fest, ausdrucksstark, vielschichtig und finessenreich mit Aromen von reifen Äpfeln, Mirabellen, Birnen, etwas getrockneten Blüten und Heu, mineralischen Tönen, animierender, feiner Säure, sehr präzise dosierter Kraft und langem Abgang.

2015 Ab Avo Riesling, Vinea Volcania Ludovici

In der Nase Noten von Kräutern, Pfirsichen, Äpfeln, Zitrusfrüchten und Aprikosen. Im Mund saftig und filigran mit feiner Zitrus-, Apfel- und Pfirsichfrucht, floralen und kräuterigen Anklängen, feiner, animierender Säure, mineralischen Tönen und gutem, feinsaftigem, rundem Abgang.

2015 Heida Réserve des Administrateurs AOC Valais, Cave Saint-Pierre

In der Nase Noten von Rosenholz, Kräutern und gelben Früchten, erdige Anklänge und ein Hauch Honig. Im Mund Schmelz, Aromen von reifen gelben Früchten, Rosenblüten und hellem Tabak, feine Säure, mineralische Töne und guter Abgang.

2015 Petite Arvine Réserve des Administrateurs AOC Valais, Cave Saint-Pierre

Zalto Burgunder: In der Nase ätherische, erdige und vegetabile Töne, gelbfruchtige Nuancen sowie Noten von schwarzen Nüssen und Kräutern. Im Mund komplex und finessenreich mit Aromen von Mirabellen, Nüssen Reineclauden und Kräutern, feiner Säure, Schmelz, mineralischen Tönen und gutem Abgang.
Petite Arvine Réserve des Administrateurs 2015 von Cave Saint-Pierre und Proavitus 2015 von Vinea Volcania LudoviciZalto Universal: In der Nase kühl mit Noten von Rosenblüten sowie gelben und weißen Früchten. Im Mund zart süßliche Frucht von Äpfeln und Birnen, Anklänge an Litschi, Schmelz, feine Säure und ordentlicher bis guter Abgang.

2015 Proavitus Traminer, Vinea Volcania Ludovici

Zalto Universal: In der Nase Noten von reifen gelben Früchten, Mandarinen und Blüten wie Anklänge an feine Kräuter. Im Mund fein mit Aromen von Rosenblüten, teilweise eingemachten Orangen sowie reifen Mirabellen und Birnen, Schmelz, feiner Säure, feiner Süße und ordentlichem bis gutem Abgang.
Zalto Burgunder: In der Nase eng mit Noten von Kräutern, Blüten und etwas feuchtem Heu sowie erdigen und gelbfruchtigen Anklängen. Im Mund salzig-mineralische Töne, Aromen von Mirabellen, Kräutern und Blüten, animierende Säure, Schmelz, gewisse Kraft und guter Abgang.

2018 Proavitus Traminer Vulkanland Steiermark DAC, Vinea Volcania Ludovici

In der Nase Noten von Rosenblüten, Zitrus- und weißen Früchten sowie feine Kräuterwürze. Im Mund feine Süße, Aromen von Rosen sowie gelben und weißen Früchten, lebendige Säure, Schmelz und ordentlicher bis guter Abgang; noch viel zu jung.

2001 Casalferro, Barone Ricasoli

In der Nase leicht offen mit Noten von Leder, Gewürzen und teilweise getrockneten dunklen Früchten. Im Mund geschliffen, kraftvoll, kühl und fest mit Aromen von dunklen Früchten, harmonischem Tannin, mineralischen Tönen, lebendiger Säure und gutem Abgang.

2015 Barbera d’Alba Superiore, Livia Fontana

Casalferro 2001 von Barone Ricasoli, Pinot Noir Silos 2013 von Gesellmann, Koasasteffl Reserve 2005 von Frühwirth und Barbera d’Alba Superior 2015 von Livia FontanaIn der Nase Noten von teilweise getrockneten Kräutern, Leder, Tabak und dunklen Früchten. Im Mund kraftvoll mit Aromen von reifen Beeren, Kräutern, Tabak und Gewürzen, geradlinigem Tannin, lebendiger Säure, mineralischen Anklängen und gutem Abgang.

2013 Pinot Noir Siglos, Gesellmann

In der Nase leicht gereift und fein mit Noten von Gewürzen, Kräutern, Vanille und teilweise eingemachten roten Beeren. Im Mund fein, kühl und geschliffen mit Aromen von Beeren, Kirschen, Gewürzen und Kräutern, feinsandigem Tannin, lebendiger Säure, mineralischen Tönen und gutem Abgang.

2005 Koasasteffl Reserve, Frühwirth

In der Nase leicht offen mit Noten von Liebstöckel, dunklen Früchten, gegrilltem Gemüse und Gewürzen. Im Mund kühl und geradlinig mit Aromen von reifen Beeren und Pflaumen sowie Gewürzen, mineralischen Tönen, feinem Tannin, lebendiger Säure und gutem Abgang.