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Neun weiße Burgunder – zufällig alle aus dem Süden des Gebiets – warteten seit Jahren darauf, ihrer Bestimmung zugeführt zu werden. Diese fanden sie im Rahmen eines Kochabends mit Freunden aus der Rhein-Neckar-Region bei bestem Sommerwetter auf der Terrasse der Gastgeber.

2016 Mâcon-Villages, Joseph DrouhinDie Weine waren der vordergründige Anlass für dieses Treffen, und auf sie abgestimmt hatten wir uns ein fünfgängiges Menü überlegt, von dem jedes der mitwirkenden Paare einen Gang zubereitete. Es wurde ein absolut gelungener Abend mit lukullischen Schlemmereien, angeregten Gesprächen, viel Hingabe und Humor – und mit interessanten Erkenntnissen über das Reifungsverhalten von Chardonnays aus unterschiedlichen burgundischen Terroirs.

Zur Einstimmung auf das kulinarische Thema begannen wir als Aperitif mit dem 2016 Mâcon-Villages von Joseph Drouhin. Der Ortswein aus dem Mâconnais wurde sechs bis acht Monate in Edelstahltanks ausgebaut und präsentierte sich in beispielhafter Geradlinigkeit mit Aromen von Äpfeln, Birnen und Mirabellen, leicht rauchigen Tönen, salziger Mineralität, lebendiger Säure, zartem Schmelz und einem ordentlichen bis guten Abgang.

Zu den ersten drei Gängen des Menüs gab es dann jeweils zwei Weine parallel.

2015 Pouilly-Fuissé Vieilles Vignes, Château VitallisDie erste Vorspeise waren gegrillte und geräucherte Jakobsmuscheln mit Brunoise, und weil wir so früh noch alle bei vollem (sensorischem) Bewusstsein waren und das Gericht dies unbedingt rechtfertigte, kamen hier gleich zwei Hochkaräter ins Glas.

Der 2015 Pouilly-Fuissé Vieilles Vignes von Château Vitallis aus dem Mâconnais stammt von 45 bis 70 Jahre alten Reben und wurde sechs bis zwölf Monate mit Batonnage in Eichenholzfässern (zu 20 Prozent neu) ausgebaut. Saftig, recht kraftvoll und fest gebaut, zeigte er Aromen von Limetten, Äpfeln, Birnen und Quitten, zart rauchige Töne, etwas röstige Holznoten, recht straffe Mineralität, lebendige Säure und einen guten bis sehr guten Abgang.

Der 2011 Chassagne-Montrachet Les Macherelles Premier Cru von Jean-Claude Bachelet & fils kommt von der Côte de Beaune. Die Lage „Les Macherelles“ ist nach Südosten ausgerichtet und von kalkreichem, eisenhaltigem, steinigem Boden geprägt. 2011 Chassagne-Montrachet Les Macherelles Premier Cru, Jean-Claude Bachelet & filsDer komplexe Wein präsentierte sich puristisch, saftig und animierend mit Noten von teilweise gerösteten Haselnüssen, zart rauchigen und röstigen Holztönen, feiner, salziger Mineralität, Aromen von teilweise kandierten gelben Früchten (Zitrusfrüchte, Quitten), vegetabilen Anklängen, lebendiger Säure, Schmelz und einem sehr guten bis langen Abgang. Mit Luft setzten sich Nougat- und Kräuternoten durch, der Wein blieb sehr geradlinig und mineralisch mit langem Nachhall. Was ihn ausmacht, sind seine Finesse und seine Nachhaltigkeit – doch wir haben ihn bestimmt 15 Jahre zu früh geöffnet.

Eine Herausforderung war die zweite Vorspeise: Ceviche von der Dorade Royale mit Mango und Avocado in Limetten-Koriander-Chili-Marinade; dazu wurden gebackene Maiskolben gereicht.

An den 1997 Meursault von Arnaud Ente hatten wir trotz des exzellenten Rufs des Weinguts keine großen Erwartungen – doch er erwies sich nicht nur als erstaunlich fit und persistent, sondern sogar als perfekter Begleiter zu diesem Gericht. Er kommt ebenfalls von der Côte de Beaune und wurde in Eichenholzfässern und in Edelstahltanks ausgebaut. Anfangs etwas gedeckt, öffnete er sich dann relativ schnell und lief mit Aromen von Kräutern, Zitrusfrüchten, Äpfeln und Nüssen, strenger, salziger Mineralität, frischer Säure und einem sehr guten Abgang zu voller Form auf.

2010 Pouilly-Fuissé Vieilles Vignes, Domaine CheveauDer 2010 Pouilly-Fuissé Vieilles Vignes von der Domaine Cheveau aus dem Mâconnais stammt von 50 bis 70 Jahre alten Rebstöcken aus zehn Parzellen und wurde 16 Monate in Eichenholzfässern (zu 20 Prozent neu) ausgebaut. Von allen Weinen war er sensorisch am deutlichsten gereift – mit vegetabilen und gelbfruchtigen Aromen, zartem Schmelz, lebendiger Säure, mineralischen Anklängen und einem ordentlichen bis guten Abgang.

Der Zwischengang bestand aus Manzo Tonnato mit Kapern (einer Abwandlung des klassischen Vitello Tonnato), wobei zuvor die einreduzierte Marinade des Fleischs in einem kleinen Glas (neudeutsch würde man das wohl als „Shot“ bezeichnen) serviert wurde – sehr salzig 2011 Pouilly-Fuissé Les Trois Terroirs, Domaine Cheveauund voller Umami-Würze, aber ähnlich erfrischend wie ein Sorbet. Mit den beiden Weinen zum Rind mit Thunfischcreme bleiben wir nicht nur im Mâconnais, sondern auch in der Appellation Pouilly-Fuissé und sogar beim selbem Weingut.

Der 2011 Pouilly-Fuissé Les Trois Terroirs von der Domaine Cheveau stammt von 25 bis 30 Jahre alten Reben aus drei Parzellen und wurde 14 Monate in Eichenholzfässern ausgebaut. Nach einem sehr merkwürdigen, kurzen Anflug zu Beginn, der mich an den Geruch von Pommes frites erinnerte, zeigte der Wein Noten von Zitrusfrüchten, Äpfeln und Birnen, Anklänge an Kräuter und Heu, zarten Schmelz, nussige und mineralische 2009 Pouilly-Fuissé Aux Bouthières, Domaine CheveauTöne, lebendige, recht feine Säure und einen sehr guten Abgang.

Der 2009 Pouilly-Fuissé Aux Bouthières von der Domaine Cheveau stammt von 40 Jahre alten Reben in der Parzelle „Aux Bouthières“ in Solutré-Pouilly, deren Boden aus rotem Tonmergel mit Kalkstein-Fossilien besteht. Der Wein wurde 18 Monate in Eichenholzfässern (zu 20 Prozent neu) ausgebaut und präsentierte sich straff mit rauchigen und röstigen Noten, Anklängen an geröstete Nüsse, präsenter Säure, Zitrus-, Apfel- und Birnenaromen, feiner, salziger Mineralität und einem sehr guten bis langen Abgang.

2009 Mâcon-Chardonnay Clos de la Crochette, Les Héritiers du Comte LafonZum Hauptgang gab es Estragon-Huhn mit Süßkartoffelpüree und dazu den 2009 Mâcon-Chardonnay Clos de la Crochette von Les Héritiers du Comte Lafon, wiederum aus dem Mâconnais, der in Edelstahltanks und großen Eichenholzfässern ausgebaut wurde: animierend mit Aromen von Zitrusfrüchten, Äpfeln und Birnen, leicht rauchigen und röstigen Tönen, fester Mineralität, feiner, lebendiger Säure und einem sehr gutem Abgang – eine äußerst gelungene Kombination!

2010 Rully, Domaine Rois MagesDen Abschluss des Menüs bildeten zwei Käsespezialitäten: Époisses und Brillat Savarin truffé. Ins Glas kam dazu der 2010 Rully von der Domaine Rois Mages, dem Weingut von Félix und Anne-Sophie de Bavelaere an der Côte Châlonnaise. Er zeigte sich kraftvoll und straff mit vegetabilen und nussigen Tönen, Aromen von Äpfeln, Birnen und Rhabarber, präsenter Säure, mineralischen Noten und einem guten Abgang.

1997 Meursault, Arnaud EnteMeine Favoriten dieses Abends waren der charaktervolle, ausgewogene 2015 Pouilly-Fuissé Vieilles Vignes von Château Vitallis, der jetzt schon großes Trinkvergnügen bereitet; der 1997 Meursault von Arnaud Ente, der unsere Erwartungen weit übertraf und trotz seines Alters von gut 20 Jahren mit seiner Frische, Mineralität und Nachhaltigkeit beeindruckte; der 2009 Pouilly-Fuissé Aux Bouthières von der Domaine Cheveau, der zu Recht als Spitzengewächs des Weinguts gilt und uns mit seiner Ausdruckskraft überzeugte, obwohl wir anfangs nicht hundertprozentig sicher waren, dass er vollständig fehlerfrei war; und der animierende, runde 2009 Mâcon-Chardonnay Clos de la Crochette von Les Héritiers du Comte Lafon, der sich, wann immer ich ihn probiert habe, stets in begeisternder Verfassung offenbarte, seit ich ihn vor über fünf Jahren kennengelernt habe.

Fazit: Burgunder trinkt man viel zu selten – was auch daran liegt, dass sie so teuer sind. Aber sie tragen ihren Ruf zu Recht und sind exzellente Tischweine, die sich vielfältig mit Speisen kombinieren lassen. Quod erat demonstrandum.