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Seit es sie gibt, habe ich so gut wie jede der Hausmessen von K&M Gutsweine in Frankfurt miterlebt (bis auf die im Mai dieses Jahres, leider). Die Qualität war immer schon hoch und die Atmosphäre immer sehr angenehm, doch mit der Veranstaltung am 25. November hat das Weinangebot auf der Messe geradezu einen Sprung vollzogen.

Die Messe

Als Rahmen hat sich inzwischen das „HoRsT“ im Frankfurter Gallusviertel etabliert – zentral gelegen und bestens ausgestattet: ein großer, hoher Raum mit Fenstern und guter Infrastruktur (Garderobe, Verpflegungsangebot, Sitzecke und ausreichend Toiletten). Entlang der Wände des Saals waren 13 Tische aufgebaut, an denen 15 Weingüter insgesamt rund 70 Weine anboten, in der Mitte des Saals waren Stehtische mit Spucknäpfen arrangiert. Die Gastgeber Bernd Klingenbrunn und Armin Busch wurden wie üblich tatkräftig von ihren Frauen unterstützt, und die Messebesucher verteilten sich so über den Nachmittag, dass es zu keiner Zeit brechend voll war; es gab immer genug Platz an den Stehtischen und nie wirkliches Gedränge. Insofern war die Veranstaltung perfekt dimensioniert (wobei ich nicht beurteilen kann, ob das auch aus wirtschaftlicher Sicht zutrifft).

Das Qualitätsniveau der Weine auf der Hausmesse war wohl noch nie so hoch wie diesmal – wie auch andere regelmäßige Besucher (Grüße an Christof und seine Genießer-Herrenrunde) befanden. Das hatte auch Auswirkungen auf das Preisniveau der präsentierten Gewächse: Lediglich fünf Weine lagen im Verkaufspreis unter zehn Euro, die meisten zwischen 15 und 35 Euro, der teuerste (ein Champagner) bei 69 Euro. Doch schließlich befanden wir uns in der Vorweihnachtszeit, in der die Nachfrage nach hochwertigen Weinen besonders groß ist, und die noch stärkere Profilierung von K&M Gutsweine mit erlesenen Gewächsen kleiner, sorgfältig ausgewählter Weingüter begrüße ich sehr – möge diese Strategie erfolgreich sein, denn ein solches auf Individualität ausgerichtetes Angebot ist (zumal mir persönlich) sehr wichtig in Zeiten, in denen es immer mehr günstige, auf Massentauglichkeit getrimmte Weine am Markt gibt.*

Die Weingüter

In viereinhalb Stunden konnte ich bequem alle Weine durchprobieren. Der Jahreszeit angemessen, waren das ziemlich genau doppelt so viele Rotweine wie Weißweine (39 gegenüber 19) sowie sechs Schaumweine und vier Süßweine. Die geografische Reise führte von Deutschland über Österreich, Frankreich, Italien und Spanien bis nach Portugal (auf der K&M Hausmesse traditionell mit einem überdurchschnittlich großen Angebot präsent). Folgende Produzenten waren vertreten:

  • Champagne 7C brut, Janisson-BaradonCyril Janisson von Champagne Janisson-Baradon (Champagne, Frankreich) präsentierte fünf Champagner, darunter den 7C, eine Cuvée aus allen sieben Rebsorten (cépages = C), die in der Champagne verwendet werden dürfen: Pinot Noir, Pinot Meunier, Chardonnay, Pinot Blanc, Pinot Gris, Arbane und Petit Meslier. Dieser Champagner ist eine Neukreation und erwies sich laut Cyril auf Anhieb als sehr erfolgreich, so dass demnächst mehr produziert werden soll.
  • Hinter der Marke Monsieur le Dompteur (Rheinhessen, Deutschland) steckt Tomislav Markovic, der nach BWL- Studium und Bank-Karriere schließlich Weinbau und Ökologie studierte und nun neben seiner Beratertätigkeit für ökologischen Weinbau seine eigenen Weine erzeugt. Derzeit ist er dabei, einen „durch Fassweinproduktion ausgelutschten“ Weinberg in Rheinhessen wiederzubeleben, bald soll es auch vom Kaiserstuhl, wo er selbst lebt, Weine geben.
  • 2016 Riesling Rottland GG trocken, Balthasar RessDas VDP-Weingut Heymann-Löwenstein (Mosel, Deutschland) ist für seine exzentrischen Terroir-Rieslinge bekannt. Die Weine brauchen Zeit, so dass die gezeigten Gewächse von 2016 und 2015 eigentlich nur Momentaufnahmen in einem sehr frühen Stadium darboten.
  • Dirk Würtz und Markus Baumeister vom VDP-Weingut Balthasar Ress (Rheingau, Deutschland) warteten ausschließlich mit Rieslingen aus Ersten und Großen Lagen auf. Dem Ziel, die sortentypische Säure zu zähmen, kommt man hier zusehends näher.
  • Das Weingut Richard Östreicher (Franken, Deutschland) ist ein Neuzugang bei K&M – und was für einer! Richard Östreicher und seine Frau Kerstin zeigten nicht nur zwei Silvaner (u.a. den Lieblingsstück von 2014, der je zur Hälfte im Edelstahltank und im Barrique ausgebaut wurde und mit erstaunlicher Frische beeindruckte), sondern auch äußerst gelungene Weißweine aus Burgundersorten und Rotweine.
  • 2016 Riesling Röttgen GG trocken, Heymann-LöwensteinDorli Muhr von Muhr-van der Niepoort (Carnuntum, Österreich) – die ich versucht bin, als „Grande Dame des österreichischen Weins“ zu bezeichnen, wenngleich sie für diesen Titel viel zu jung ist – gab sich persönlich die Ehre, ihre charaktervollen Blaufränkisch und den fußgestampften, behutsam maischevergorenen und im großen Holzfass ausgebauten Grünen Veltliner Prellenkirchen 2014 zu präsentieren. Überragend waren jetzt die Rotweine aus dem Jahrgang 2011.
  • Das Weingut Secondo Marco (Venetien, Italien) demonstrierte anhand dreier Rotweine die Klasse von Valpolicella, Valpolicella Ripasso und Amarone della Valpolicella. Letzterer hat zwar 16 Volumenprozent Alkohol, bindet diese aber geradezu bewundernswert ein.
  • Das Weingut Castello Monsanto (Toskana, Italien) setzte mit Chianti und Chianti Classico regionstypische Akzente – und mit einem höchst bemerkenswerten, gereiften, reinsortigen Cabernet Sauvignon!
  • 2012 Vermentino Ballerino, ValdonicaGroßartige, sehr eigenständige Weine gab es beim Weingut Valdonica (Toskana, Italien). Inhaber Martin Kerres suchte ursprünglich nur ein Wochenendhaus in Italien, doch mit dem Kauf des alten Anwesens wurde der promovierte österreichische Mediziner zum Winzer. Dirk Würtz (ja, der oben erwähnte) hat ihn vor wenigen Wochen besucht und darüber einen begeisterten – nein, nachgerade beseelten Blog-Beitrag geschrieben.
  • Bodegas Monteabellón (Kastilien-León, Spanien) produziert sowohl in der DO Ribera del Duero als auch in der DOCa Rioja authentische Weine, die besonders mit ihrem attraktiven Verhältnis zwischen Preis und Qualität überzeugen.
  • Florian Richter von der Domaine des Deux Clés (Languedoc-Roussillon, Frankreich) hielt mit drei gebietstypischen Gewächsen die Fahne seiner Wahlheimat Corbières hoch. Seine Réserve Vallée du Paradis trägt nur deshalb die Herkunftsbezeichnung IGP, weil sie 85 Prozent Carignan enthält (was ihr sehr gut steht); für den Status Corbières AOP wären maximal 50 Prozent zulässig.
  • 2011 Blaufränkisch Carnuntum trocken und 2011 Blaufränkisch Spitzerberg Alte Reben trocken, Muhe-van der NiepoortDie Domaine Beaurenard (Rhône, Frankreich) lieferte drei eindrucksvolle Beispiele für mehrere Appellationen der Region: von Côtes du Rhône über Rasteau bis zu Châteauneuf-du-Pape. Roland Theissen von der Agentur SIC, der das Weingut auf der Messe vertrat, fasste die bekannte (und meines Erachtens sehr richtige) These, dass die Weinqualität im Weinberg entstehe, in einprägsame Worte: „Die Frage ist nicht, wie ein Wein ausgebaut ist, sondern, wie er angebaut ist.“
  • Die Domaine Saladin (Rhône, Frankreich) titulierte K&M als „Comeback des Jahres“. Die beiden Schwestern Marie-Laurence und Elisabeth Saladin betreiben das Weingut bereits in der zwanzigsten Familiengeneration; der Besitz an der Lage Chaveyron, aus der es auf der Messe einen Syrah gab, ist seit beinahe 600 Jahren, seit 1422, urkundlich belegt.
  • 2015 Quinta da Manoella Vinhas Velhas Douro Tinto, Wine & SoulFür die Quinta do Passadouro (Douro, Portugal) war Ans Bohrmann aus der Eigentümerfamilie vor Ort und schenkte neben drei roten Cuvées und zwei Portweinen einen reinsortigten Touriga Franca aus – sehr selten und faszinierend.
  • Das Weingut Wine & Soul (Douro, Portugal) gehört Passadouro-Kellermeister Jorge Serôdio Borges und seiner Frau Sandra Tavares da Silva und war mit dem umfangreichsten Angebot auf der Messe vertreten: sechs Rotweinen und zwei Portweinen.

Die Weine

Ich verkostete konsequent zuerst die Schaumweine, dann die Weißweine, dann die Rotweine und zum Schluss die Süß- also Portweine. Ich werde hier nicht alle meine Verkostungsnotizen wiedergeben, sondern nur diejenigen der Weine, die mir am besten gefallen haben – unterteilt in vier Kategorien: herausragende Weine, empfehlenswerte Weine, Preis-Genuss-Empfehlungen und Joker (Weine, die sich durch eine charmante Besonderheit auszeichnen). Bei den herausragenden Weinen ist die Reihenfolge gleichzeitig eine Rangfolge (absteigend), bei den übrigen Weinen entspricht sie der Probenreihenfolge.

2016 Rasteau und 2015 Châteauneuf-du-Pape, Domaine BeaurenardHERAUSRAGENDE WEINE

Schaumwein

  • Champagne 7C brut, Janisson-Baradon – reichhaltig im Duft, sehr geradlinig im Mund, Finesse und Länge

Weißweine

  • 2016 Riesling Berg Rottland GG trocken, Balthasar Ress – sehr fest und tief, Mineralität, kühl, durchdringend, sehr lang
  • 2016 Riesling Röttgen GG trocken, Heymann-Löwenstein – Pfirsich, Aprikose, etwas reduktiv-medizinal, fest, zupackend, viel Kraft, lang
  • 2012 Late Bottled Vintage Port, Quinta do Passadouro2012 Vermentino Ballerino, Valdonica – ein Drittel maischevergoren, zehn Monate im Holzfass gereift; tief, fest, saftig, komplex, sehr fein, Spiel, nachhaltig

Rotweine

  • 2011 Blaufränkisch Spitzerberg Alte Reben trocken, Muhr-van der Niepoort – aus drei Parzellen mit 45, 55 und 65 Jahre alten Reben; tief, dicht, geschliffene, volle Frucht, kühle Mineralität, feine Würze, sehr fein, lang
  • 2012 Saragio Maremma Toscana, Valdonica – vollmundig, weich, saftig, nachhaltig
  • 2015 Quinta da Manoella Vinhas Velhas Douro Tinto, Wine & Soul – dicht, tief, fest, mineralisch, sehr nachhaltig, lang
  • 2011 Blaufränkisch Carnuntum trocken, Muhr-van der Niepoort – dicht, kühl,
    Kraft, Eleganz, Saft, Zug
  • 2016 Weißburgunder Holzleim trocken und 2015 Silvaner Augustbaum trocken, Richard Östreicher2013 Saragio Maremma Toscana, Valdonica – saftig, präzise, kühl, geschliffene Frucht, Mineralität
  • 2015 Châteauneuf-du-Pape, Domaine Beaurenard – tief, dicht, Kraft, dunkle Beeren, Mineralität, erdige Würze, sehr nachhaltig

Süßwein

  • 2012 Late Bottled Vintage Port, Quinta do Passadouro – reife dunkle Früchte, ätherisch, Kräuter, Kraft, feine Süße, Tabak, Pfeffer, Kardamom, Zimt, Nelken, weich, lang

EMPFEHLENSWERTE WEINE

2014 Valpolicella Superiore Ripasso, Secondo MarcoSchaumweine

  • Champagne Grande Réserve brut, Janisson-Baradon – fest, fein, mineralisch, saftig
  • Champagne non dosé, Janisson-Baradon – sehr fein, floral, präzise, mineralisch, frisch
  • 2008 Fantasie der Schieferterrassen Riesling Sekt brut, Heymann-Löwenstein – degorgiert im Juli 2015; Petrol, Aprikose, tief, Karamell, Schmelz

Weißweine

  • 2016 Riesling Schieferterrassen trocken – frisch, saftig, vollmundig
  • 2016 Riesling Nussbrunnen GG trocken, Balthasar Ress – tief, kraftvoll, saftig, volle Frucht
  • 2016 Monteabellón 5 meses en barrica Ribera del Duero und 2014 Monteabellón 14 meses en barrica Ribera del Duero, Bodegas Monteabellón2015 Riesling Wisselbrunnen GG trocken, Balthasar Ress – Petrol, feinwürzig, sehr saftig, vollmundig, Pfirsich, Aprikose
  • 2015 Silvaner Augustbaum trocken, Richard Östreicher – vollmundig, saftig, Schmelz
  • 2016 Weißburgunder Hölzlein trocken, Richard Östreicher – ausgebaut im Barrique; fein, tief, saftig, feinwürzig, nachhaltig, mineralisches Fundament, Zug
  • 2016 Corbières Blanc, Domaine des Deux Clés – Cuvée aus Macabeu, Grenache Blanc, Grenache Gris und Vermentino; frisch, mineralisch, etwas Holz, saftig, nachhaltig

2016 Réserve Vallée du Paradis, Domaine des Deux ClésRotweine

  • 2014 Spätburgunder No. 1 trocken, Richard Östreicher – saftig, geradlinig, mineralisch, klare Frucht, feine Holzwürze
  • 2013 Cuvée R trocken, Richard Östreicher – Cuvée aus Cabernet Sauvignon und Merlot; Kraft, viel Saft, ausgewogen, kühl
  • 2014 Blaufränkisch Samt & Seide trocken, Muhr-van der Niepoort – klar, präzise, dicht, saftig, kühl
  • 2014 Valpolicella Superiore Ripasso, Secondo Marco – kraftvoll, vollfruchtig, feinwürzig, rund
  • 2011 Amarone della Valpolicella, Secondo Marco – vollmundig, Frucht, Würze, Kraft
  • 2015 Syrah Chaveyron 1422, Domaine Saladin2015 Il Poggio Chianti Classico Riserva, Castello Monsanto – tief, dunkle Früchte, ätherisch, würzig, fest, mineralisch, kühler Saft
  • 2013 Ciliegiolo Maremma Toscana, Valdonica – Kraft, reife Früchte, feine Würze, harmonisch
  • 2014 Monteabellón 14 meses en barrica Ribera del Duero, Bodegas Monteabellón – charmant, ausgewogen
  • 2016 Réserve Vallée du Paradis, Domaine des Deux Clés – Cuvée aus Carignan, Grenache Noir und Syrah; kraftvoll, kühl, saftig, geschliffene Frucht, Zug
  • 2015 Syrah Chaveyron 1422, Domaine Saladin – mit fünf Prozent Viognier; tief, elegant, kraftvoll, seidig, recht saftig
  • 2016 Rasteau, Domaine Beaurenard – Cuvée aus Grenache Noir, Syrah und Mourvèdre; dicht, saftig, klare, beerige Frucht, kühl, mineralisch, feine Würze
  • 2015 Riesling Debut trocken, Monsieur le Dompteur2015 Passadouro Douro Tinto, Quinta do Passadouro – jung, kraftvoll, geradlinig
  • 2015 Passadouro Reserva Douro Tinto, Quinta do Passadouro – tief, kraftvoll, reichhaltig, vollmundig, saftig
  • 2014 Quinta da Manoella Douro Tinto, Wine & Soul – saftig, fest, Brombeere, geradlinig
  • 2015 Pintas Character Douro Tinto, Wine & Soul – dicht, mineralisch, klare Frucht, saftig

Süßwein

  • 10 years old Tawny Port, Wine & Soul – leicht oxidativ, kraftvoll, rund, feine Süße und Würze, ausgewogen

PREIS-GENUSS-EMPFEHLUNGEN

2015 Touriga Franca Douro Tinto, Quinta do PassadouroWeißwein

  • 2015 Riesling Debut trocken, Monsieur le Dompteur – klar, fein, saftig, nachhaltig

Rotweine

  • 2015 Pinot Noir Debut trocken, Monsieur le Dompteur – rote Beeren, Holzwürze, filigran
  • 2016 Monteabellón 5 Messe en barrica Ribera del Duero, Bodegas Monteabellón – fruchtig, saftig, geschmeidig

JOKER

Rotweine

  • 2012 Cabernet Sauvignon Nemo, Castello Monsanto – animalisch, saftig, geschliffene, volle Frucht, mineralisch, fein gereift
  • 2016 Loï Côtes du Rhône, Domaine Saladin – unkompliziert, stimmig, Trinkspaß
  • 2015 Touriga Franca Douro Tinto, Quinta do Passadouro – 70 alte Reben; Tabak, dunkle Beeren, erdig-würzig, Kraft, streng und elegant zugleich

 


* Kritisch setzt sich mit der These von der Gleichmacherei in der Weinbranche übrigens Dr. Eckhard Supp in der aktuellen Ausgabe des Magazins enos, dessen Herausgeber und Chefredakteur er ist, auseinander: „[S]elbst wenn das Verdikt einer gewissen Uniformität auf die große Masse der meist zu Schleuderpreisen in der Fläche angebotenen Weinmarken, die in großen ‚Weinfabriken‘ erzeugten Weine zuträfe: Wäre das Glas dann halb voll – das heißt, die Weine immerhin deutlich trinkbarer als früher – oder wäre es halb leer – die Weine also zu Recht als Einheitsbrei zu kritisieren?“ (enos 4/2017, S. 55)