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Nein, hier geht es nicht um senile Damen, imaginäre Geburtstagsgäste und ausgestopfte Raubkatzen. Ich war auf einer Konferenz in Kopenhagen und konnte aus organisatorischen Gründen – die hier weiter keine Rolle spielen sollen – nicht an der offiziellen Abendveranstaltung teilnehmen. Mein Alternativprogramm bestand im Besuch des Hotel-Gourmetrestaurants, wo ich das Spezialangebot in Form eines dänischen Dreigangmenüs mit Weinbegleitung inklusive Aperitif, Wasser und Kaffee wählte.

Ort der Handlung war das Restaurant „The Balcony“ im Bella Sky Comwell, das Dänemarks größtes Hotel und allein aufgrund seiner Architektur einen Besuch wert ist. In einem Business-Hotel muss man sich als genussorientierter Gast die Zuwendung des Restaurantpersonals erst erschließen, und der Service war jederzeit professionell, doch kaum wirklich herzlich, aber ich kam voll auf meine Kosten (äh – leider auch im wahrsten Sinne des Wortes) und verlebte einen Abend, der dem ursprünglich geplanten Gala Dinner in nichts nachgestanden haben dürfte.

Zum Amuse-Bouche in Form von Kopfsalatherz mit Felchenrogen und Sauerrahm durfte ich mich an einem Glas Champagne Bollinger Special Cuvée erfreuen. Außerdem gab es Sauerteig- und dunkles Malzbrot mit Kresse-Sauerrahm sowie Sellerie-Püree mit rauchig-würziger Asche (ernsthaft!).

Als Vorspeise stand Rotzunge mit gegrillten Zwiebeln, Birne und Erbsen-Mousseline auf dem Programm. Dazu wurde ein weißer 2009er Meursault gereicht, der zwar noch verhältnismäßig jung und holzbetont, aber gut trinkbar war und sich vor allem als sehr gut passend erwies.

Danach überraschte die Küche mit einem Zwischengang namens „Amager Fælled“: einer sehr erdigen Kompostion aus regionalen Kräutern, Blüten und Gemüsen, die ganz frisch in der unmittelbaren Umgebung des Hotels geerntet worden waren und zusammen mit zweierlei Mousse und Croûtons serviert wurden; mehr kulinarischer Lokalkolorit geht nicht.

Auch der Rotwein zum Hauptgang harmonierte bestens: Lamm aus Valø in zwei verschiedenen Zubereitungsarten mit Lauch, Fenchel und Liebstöckel, perfekt gegart und begleitet von einem 2006er Barbaresco. Der musste zwar erst einmal kräftig durchatmen, zeigte dann aber Beeren- und Kirschfrucht, dezente Reifenoten und Gewürzaromen, die das gekräuterte Fleisch perfekt ergänzten.

Das Dessert bestand in einer außergewöhnlichen Kreation mit Karottensorbet, süßem Dill-Gelee und Sanddorn-Zabaione. Der dazu kredenzte 2006er Tokajer mit vier Puttonyos war wiederum sehr jung, doch ein würdiger Begleiter und von exzellenter Qualität.

Sowohl die Speisen als auch die korrespondierenden Weine bescherten mir einen höchst genussreichen Abend, der mit einem extrem feinen, milden und nachhaltigen 25 Jahre alten Marc endete. – Falsch! Der Abend endete erst anschließend in der Sky Bar im 23. Stock des Hotels mit Blick über Kopenhagen und den Øresund bei einem Glas 2002 Champagne Nicolas Feuillatte Blanc de Blancs, der in seiner hefig-nussigen Art wunderbar jugendlich wirkte.

Kopenhagen? Jederzeit wieder!