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Bis Anfang Juni dieses Jahres dachte ich, Vinho Verde sei nur ein leichter, frischer, spritziger Weißwein aus dem Norden Portugals, der aus der Rebsorte Alvarinho gekeltert werde. Wie vielfältig die geschützte Ursprungsbezeichnung in Wirklichkeit ist, erfuhr ich innerhalb von zweieinhalb Tagen auf einer Reise in das Gebiet.

Auf Einladung der Comissão de Viticultura da Região dos Vinhos Verdes (CVRVV) begab sich eine Gruppe von zehn Fachiournalistinnen und -journalisten aus Deutschland, Großbritannien und Frankreich auf Entdeckungstour von Porto ins Landesinnere, um die Weine und ihre Herkunft kennenzulernen. Bestens betreut von den sympathischen und äußerst engagierten CVRVV-Marketing-Managern Gonçalo Rowett und Tomás Gonçalves und souverän chauffiert vom stets gut gelaunten Busfahrer Josef, gewannen wir kulinarische ebenso wie kulturelle Eindrücke von Portugals grünem Nordwesten, der auch dem Vinho Verde (übersetzt: grüner Wein) seinen Namen gibt: Das warme, feuchte Atlantik-Klima sorgt für eine satt grüne Landschaft, in der die Reben gedeihen. Die hohe Niederschlagsmenge in der Region stellte das Wetter auch während unseres Aufenthalts anschaulich unter Beweis – denn überwiegend regnete es. Das tat aber sowohl dem Lerneffekt als auch der Stimmung keinen Abbruch.

Eckdaten der Region

Grüne Landschaft im Vinho-Verde-GebietDas Vinho-Verde-Gebiet liegt im äußersten Nordwesten Portugals in der Weinbauregion Minho. Die nördliche Begrenzung ist der Fluss Minho, der auch die Grenze zu Spanien darstellt, im Süden sind es der Fluss Douro sowie die Höhenzüge Freita, Arada und Montemuro. Die westliche Begrenzung bildet der Atlantik, im Osten befinden sich die Höhenzüge Peneda, Soajo, Gerês, Cabreira, Alvão und Marão. Das Gebiet wurde bereits 1908 gesetzlich definiert und erstreckt sich über die Distrikte Braga und Viana do Castelo sowie Teile der Distrikte Aveiro, Porto, Vila Real und Viseu. Die Rebfläche umfasst rund 21.000 Hektar (laut CVRVV; in einigen Internet-Quellen wird indes die dreifache Größe angegeben); die Böden sind von Granit geprägt.

Seit 1926, als die CVRVV gegründet wurde, trägt Vinho Verde den Status einer DO (Denominação de Origem = kontrollierte Herkunftsbezeichnung), der durch die EU-Weinmarktreform 2012 in DOP (Denominação de Origem Protegida = geschützte Ursprungsbezeichnung) überführt wurde. Weine aus der Region, die den Anforderungen der DOP nicht entsprechen, tragen die Bezeichnung IGP Minho (Indicação Geográfica Protegida = geschützte geografische Angabe) oder, wenn auch die IGP-Anforderungen nicht erfüllt werden, Vinho de Portugal.

Vinho Verde ist damit die älteste und größte DO Portugals. Die Qualitätsvorgaben beziehen sich auf Weiß-, Rosé- und Rotwein sowie Schaumwein, Weinbrand und Weinessig mit der Bezeichnung Vinho Verde. Sie betreffen unter anderem die genaue geografische Herkunft, die Bodenstruktur der Weinberge, die Rebsorten, die Anbaumethoden, den Hektarertrag, die Weinbereitung und die ökologischen Methoden sowie den Alkoholgehalt und weitere Analysewerte.

Karte des Vinho-Verde-Gebiets   Karte: © CVRVV

Das Gebiet gliedert sich in insgesamt neun Untergebiete (von Norden nach Süden): Monção e Melgaço, Lima, Cávado, Ave, Sousa, Basto, Amarante, Baião und Paiva. Für Weine der IGP Minho sind 68 Rebsorten zugelassen, für Weine der DOP Vinho Verde 45 (um die es im Folgenden geht). Die wichtigsten Trauben für Weißweine sind Alvarinho, Arinto (regional auch Pedernã genannt), Avesso, Azal, Loureiro und Trajadura. Loureiro ist dabei die Hauptsorte und wird vorwiegend an der Küste und entlang der Flüsse angebaut, d.h. in den Untergebieten Lima, Cávado, Ave und Sousa. Alvarinho kommt hauptsächlich im Norden (Untergebiet Monção e Melgaço) vor, Azal vornehmlich im Osten (Untergebiet Basto) und Avesso maßgeblich im Süden (Untergebiete Amarante, Baião und Paiva). Traditionell für weißen Vinho Verde ist ein Verschnitt von Loureiro (60 %), Arinto und Trajadura (jeweils 20 %). Für roten Vinho Verde werden in erster Linie die Sorten Alvarelhão, Amaral, Borraçal und Vinhão verwendet. Vinhão ist generell die rote Hauptorte, und traditionell für die Rotweine ist eine Kombination von Vinhão (70 %) und Borraçal (30 %). Für Roséweine aus dem Vinho-Verde-Gebiet gibt es wiederum eigene Trauben: im Wesentlichen Espadeiro und Padeiro. Klassisch sind Vinhos Verdes demnach Cuvées, was auch mit der portugiesischen Tradition des Mischsatzes zusammenhängt.

Um das gleich vorwegzunehmen: Im Laufe unserer Reise probierten wir größtenteils Weißweine (die auch mehr als 80 Prozent der produzierten Menge ausmachen), aber auch einige Rosé- und Rotweine. Auch die roten Vinho-Verde-Weine werden leicht gekühlt getrunken – wobei mir persönlich diese Stilistik allerdings, wie ich feststellte, nicht so ganz zusagt.

Vielfalt und Reifepotenzial

Fisch und Meeresfrüchte im Restaurant "O Fernando" in PortoDie Vielfalt des Vinho Verde ergibt sich also zum einen daraus, dass die Bezeichnung sämtliche Weinarten (Still- und Schaumweine in Weiß, Rosé und Rot) umfasst, und zum anderen aus der Vielzahl an Rebsorten. Dass die Weine darüber hinaus auch ein bemerkenswertes Reifepotenzial haben, lernten wir bereits bei unserem ersten Mittagessen in Porto, wo sich die Reisegruppe zusammenfand. 

Im Hafenviertel Matosinhos reiht sich in der Rua Heróis de França ein Fischlokal neben das andere, vor der Tür stets ein großer Grill sowie Tische und Stühle in wettergeschützten Gastgärten an der Straße. Hier war im Restaurant „O Fernando“ ein großer runder Tisch für uns vorbereitet, der sich alsbald mit jeder Menge maritimer Spezialitäten füllte: Stockfisch-Kroketten, Sardellen, Krebsfleisch und Garnelen, danach Muscheln im Sud, Seebarsch und Tintenfisch sowie die ersten frisch gegrillten Sardinen der Saison. Zu diesem opulenten Mahl hatte die CVRVV aus ihrem Keller einige gereifte sortenreine Vinhos Verdes ausgewählt – das war gleich zu Beginn ein Paukenschlag, denn solche Weine hatte noch keiner von uns je probiert:

2009 Muros Antigos Alvarelhão EspumanteDas waren beeindruckende Gewächse mit jeweils ganz eigenem Charakter. Am meisten begeistert haben mich der 2014 Alvarinho Reserva von der Quinta de Soalheiro und der 2009 Muros Antigos Alvarelhão Espumante von Anselmo Mendes, der bereits vor der zweiten Gärung vier Jahre reifte, danach weitere zwei Jahre in der Flasche auf der Hefe lag und erst 2016 degorgiert wurde – ein großer Schaumwein, der keinen internationalen Vergleich zu scheuen braucht.

Als wir im Restaurant angekommen waren, war es übrigens bereits fast halb drei Uhr nachmittags gewesen, doch – in Deutschland um diese Uhrzeit kaum denkbar – fast alle Tische waren noch mit fröhlich tafelnden Menschen besetzt gewesen. Als wir unser Mittagessen dann mit köstlichem süßem Gebäck beschlossen, waren wir indes die letzten Gäste, und es war so spät, dass das gesamte Restaurantteam (Köche, Kellner, Küchenhilfen, Spüler und Patron) ein paar Tische weiter ebenfalls seine Nachmittagsmahlzeit einnahm – begleitet von ordentlich Wein.

Zu Gast im Stadtpalais

Treppenhaus im Palacete Silva Monteiro in Porto, Sitz der CVRVVAm frühen Abend dieses ersten Reisetages besuchten wir den Sitz der CVRVV in Porto, wo wir in Form einer Präsentation die offizielle Einführung in das Thema Vinho Verde erhielten. Die Kommission residiert in einem Stadtpalais aus dem 19. Jahrhundert mit großem Garten und Blick über den Fluss und die Stadt, das nach seinem Erbauer António Silva Monteiro benannt ist: dem Palacete Silva Monteiro. Neben den repräsentativen Büros und Konferenzräumen im Haupthaus gehören zum CVRVV-Sitz auch ein chemisches Labor und ein Verkostungsraum im Nebengebäude für die chemische und sensorische Analyse der Weine. Erst, wenn diese Prüfungen bestanden sind, erhält ein Wein das Vinho-Verde-Garantiesiegel, das dann jede Flasche als Erkennungszeichen trägt.

„In den letzten 30 Jahren hat die Region Vinho Verde eine gewaltige Qualitätsrevolution durchlaufen. Das ist die Errungenschaft einer jungen, modernen Winzergeneration und das Resultat von Investitionen in die Qualitätssteigerung der Weinberge, in neue Rebanlagen und der Professionalisierung der gesamten Branche“, erklärt die CVRVV. „Die Vielfalt und Vielseitigkeit der autochthonen Rebsorten ist ein Alleinstellungsmerkmal der Region Vinho Verde. Die Eigenschaften der Rebsorten sind die Basis für elegante, komplexe und hochwertige Weine, die sich deutlich von den einfachen Stilen, die im Supermarkt zu finden sind, abheben. Eine große Rolle für Qualität spielt das Alterungspotenzial von Weinen. Entgegen den vorherrschenden Vorurteilen verfügen Rebsorten wie Alvarinho, Avesso, Loureiro und Arinto über ein ganz erstaunliches Alterungspotenzial und können durchaus zwischen zwei und fünf Jahren in der Flasche gelagert werden.“ Das war genau das, was wir am Nachmittag selbst hatten feststellen können, wobei die CVRVV sogar noch weiter geht: „Oftmals profitieren sie sogar von einer Lagerung von zehn oder mehr Jahren, die zum Ende einen perfekt ausbalancierten Wein hervorbringt.“ Das allerdings fanden wir auf unserer Reise nicht mehr heraus – doch zuzutrauen ist es entsprechend vinifizierten Gewächsen zweifellos.

Preisträger am Abend

Spanferkel mit Salat und Kartoffelchips im Restaurant "bb Gourmet" in PortoDas Abendessen fand im Restaurant „bb Gourmet“ – zwischen dem CVRVV-Sitz und unserem Hotel gelegen – statt. Wir bekamen ein sechsgängiges Menü aus lokalen Gerichten serviert: Kohlsuppe; bolinhos de bacalhau (Stockfisch-Kroketten); chouriço (pikante Wurst) mit Wachtelei und Kartoffelchips; açorda de camarão (eine sämige Brotsuppe mit Garnelen, Ei und Koriander); Spanferkel mit Salat und Kartoffelchips; Petits Fours und frisches Obst. Dazu wurden die mit Gold prämierten Preisträger des diesjährigen Vinho-Verde-Wettbewerbs ausgeschenkt:

Zu den würzigen Gerichten an diesem Abend setzten die jungen, frischen Weine eher gegenläufige Akzente, was aber willkommen war. Ohnehin war die sensorische Kondition nach dem späten, reichhaltigen und weinintensiven Mittagessen doch ein wenig eingeschränkt. Mein Favorit war der 2017 Loureiro & Arinto Superior von der Quinta D’Amares – wie erfreulich, dass wir dieses Weingut zwei Tage später auch besuchten.

Zum Abschluss gab es ein Aguardente Vínica Velha de Vinho Verde, das ich an anderer Stelle ausführlich beschrieben habe.

Wein im Tierpark: S. Caetano / Quinta da Torre

Am nächsten Tag war unsere erste Station das Weingut Quinta da Torre in Marco de Canaveses, rund 40 Kilometer östlich von Porto; die Marke des Hauses ist S. Caetano. 1995 kaufte José Manuel Mendes ein verlassenes Bauernhaus und verwandelte es in ein 25 Hektar großes landwirtschaftliches Anwesen, das heute auch Räume für Veranstaltungen vermietet. Unsere Fahrt ging über Serpentinen hinunter in ein grünes Tal, dann durch ein Tor, bis der Bus zwischen zwei modernen Gebäuden an einem Teich hielt. Hier empfingen uns Geschäftsführer André Amaral und Kellermeister Daniel Costa.

Weinprobe in der Quinta da TorreAmaral, ein charismatischer Mann, den sicher viele Frauen um seine Haarpracht beneiden würden, ebenso charmant, herzlich und hingebungsvoll wie energisch, zielstrebig und visionär, führte uns auf dem Gelände mit Obstgärten, Wasserläufen und Stallungen herum – aber Weinberge sahen wir dabei nur ganz am Rande. Die Rebfläche beträgt insgesamt zwölf Hektar, verteilt auf zwei Standorte. Für die eigenen Weine werden ausschließlich die besten Trauben aus den besten Lagen verwendet; die restliche Ernte wird verkauft. Um das Weingut herum wachsen Zitronen, Orangen, Kirschen, Oliven und Blaubeeren, und eine Vielzahl von Tieren lebt hier: von Gänsen, Schwänen und Pfauen über Ziegen und Lamas bis zu – ja, wahrhaftig – Kängurus.

Die Weinprobe fand in einer Halle statt, die mit historischen Gegenständen ausgestattet war: Möbel, Kellerei-Utensilien, ein alter Lastwagen; an der Wand hing ein großformatiges Luftbild des Weinguts, der Blick aus den Fenstern ging auf die grüne Landschaft ringsum. Nach dem ebenso starken wie außergewöhnlichen Auftakt am Nachmittag vorher mussten wir für die leichten, frischen, jungen Weine unsere Geschmacksnerven neu kalibrieren. Hilfreich war, dass die Weine (bis auf eine Cuvée) reinsortig waren, so dass wir uns wiederum auf die Eigenheiten der einzelnen Rebsorten konzentrieren konnten:

Am überzeugendsten fand ich in dieser Probe den 2016 Azal und den 2017 Alvarinho.

Facetten des Schaumweins: Quinta do Ferro

Sektglas und Flasche mit 2013 Quinta do Ferro Vinhão Tinto bruto in den RebenUnsere nächste Station war das Weingut Quinta do Ferro in Baião. Die Fahrt dorthin ging durch die dramatische grüne Hügellandschaft mit steilen Hängen, die immer mal wieder den Granitfels durchblicken ließen; Reben fanden sich nicht auf zusammenhängenden großen Flächen, sondern nur auf einzelnen Terrassen.

Der Übergang war insofern besonders gelungen, als uns hier neben Betriebsleiterin Micaela Fonseca wiederum Daniel Costa erwartete, der als freiberuflicher Önologe für mehrere Weingüter tätig ist und auch als Kellermeister der Quinta do Ferro fungiert.

Der 2004 gegründete Betrieb bewirtschaftet rund zehn Hektar Rebfläche, die in sogenannte Berg- und Flussweingärten aufgeteilt sind: Ein Teil der Reben wächst auf etwa 400 Metern Höhe, wo sich auch das Weingut befindet, der andere Teil am Douro, der nur wenige Kilometer weiter südlich entlangfließt. Da einige Weinberge bereits in den 1990er Jahren angelegt wurden, stehen hier unter anderem über 20 Jahre alte Avesso- und Arinto-Stöcke.

Die Quinta do Ferro ist auf Schaumweine spezialisiert und produziert nur gelegentlich auch Stillwein. Außer Trauben werden auch Walnüsse angebaut. Die Trauben reifen spät und bringen gute Säurewerte für die Schaumweinherstellung mit. Vor der klassischen Flaschengärung reifen die Grundweine zunächst zwei Jahre, um sich zu stabilisieren; ein Espumante der Quinta do Ferro ist also mindestens drei Jahre alt, wenn der auf den Markt kommt.

2016 Quinta do Ferro Avesso Vinha RibeirinhaInmitten der Reben und ausnahmsweise sogar bei Sonnenschein verkosteten wir zwei weiße Stillweine und einen roten Schaumwein:

Am besten gefiel mir hier der 2016 Avesso Vinha Ribeirinha (aus den Flussweingärten); der rote Espumante war zwar sehr außergewöhnlich, aber nicht mein Fall.

Weitere Schaumweine probierten wir anschließend beim Mittagessen. Dafür fuhren wir ein paar Kilometer weiter ins Dorf Viariz in die „Tasquinha d’Otília“. Vor dem Haus weist nur ein unscheinbares Schild auf das Lokal hin. Man geht eine Treppe an der Seite hinunter, kann noch den Ausblick über die Landschaft bewundern und betritt dann den Gastraum im Souterrain. Das erste, was man wahrnimmt: Hier wird geräuchert! Das riecht man nicht nur, sondern sieht es auch an den vielen Würsten, die in Körben appetitlich arrangiert sind. Auf den langen Tisch, an dem wir Platz nahmen, wurden alsbald rustikale Köstlichkeiten aus der Region gestellt: Räucherschinken, Oliven, Brot, Salat, bolinhos de bacalhau, chouriço, mariniertes Schweinefleisch und eine Art Eintopf mit Reis, Bohnen, Spinat und Kohl; als Dessert gab es leite creme (Milchcreme, die portugiesische Variante der Crème brûlée).

Zum Essen wurden drei Qualitätsschaumweine (Espumante de Qualidade de Vinho Verde) und ein leicht restsüßer Perlwein von der Quinta do Ferro ausgeschenkt:

Die drei Schaumweine – alle im November 2017 degorgiert – gefielen mir ausgesprochen gut: Sie zeigten Charakter und Eleganz, waren ausgewogen und animierend. Damit erwies sich die Quinta do Ferro als eine äußerst überzeugende Adresse für (aus meiner persönlichen Sicht vorzugsweise weißen) Espumante de Vinho Verde.

Hochherrschaftlich: Quinta da Calçada

Nach diesem kulinarischen Erlebnis fuhren wir in unser nächstes Hotel: das Monverde Wine Experience Hotel in Telões, von dem später noch ausführlicher die Rede sein wird. Begrüßt wurden wir dort mit einem Glas Espumante von der Quinta da Lixa, zu der das Hotel gehört, und mit einer Hausführung, bevor wir unsere Zimmer bezogen. Später ging es zu unserer letzten Station des Tages ins nahe gelegene Amarante.

Blick durch ein Weinglas auf die Altstadt von AmaranteAmarante liegt rund 60 Kilometer nordöstlich von Porto entfernt am Fluss Tâmega und  erlangte Bekanntheit zum einen durch den Dominikanermönch São Gonçalo, der hier im 12. und 13. Jahrhundert wirkte, sowie zum anderen durch die Verteidigung der nach dem Heiligen benannten Brücke über den Fluss – Ponte de São Gonçalo – gegen die Invasion der napoleonischen Truppen Anfang des 19. Jahrhunderts. Direkt an dieser Brücke, gegenüber dem Kloster Convento de São Gonçalo und der Kirche Igreja de São Domingos in der historischen Altstadt, steht ein Palast, der im 16. Jahrhundert für den Conde de Redondo erbaut wurde: die Casa da Calçada. Ende des 19. Jahrhunderts erwarb die Familie Lago Cerqueira das bei einem Brand zerstörte Stadtschloss und baute es wieder auf; 1880 kam hier António do Lago Cerqueira zur Welt. Nachdem dieser Nachkomme zunächst Philosophie studiert hatte und Anfang des 20. Jahrhunderts zu einem der führenden Politiker in der Ersten Portugiesischen Republik geworden war, studierte er in Paris Weinbau und Önologie und gründete 1917 in seiner Heimatstadt Amarante das Weingut Quinta da Calçada. Seit den 1960er Jahren befinden sich das Gut und der Stadtpalast im Besitz der ortsansässigen Unternehmerfamilie da Mota.

Casa da Calçada in AmaranteDie Casa da Calçada wurde 2001 restauriert und in ein Luxushotel umgewandelt, das seit 2003 zur Vereinigung „Relais & Châteaux“ gehört. Und in diesem prunkvollen, noblen Haus verbrachten wir den zweiten Abend unserer Vinho-Verde-Reise. Auf der Terrasse hieß uns André Estácio Pinto, der Geschäftsführer der Quinta da Calçada, willkommen, der mit seiner ebenso distinguierten wie herzlichen Art auch der Hoteldirektor hätte sein können. Er führte uns durch die Bar und einen in Bonbonfarben eingerichteten Saal am verglasten Weinklimaraum vorbei in einen Salon, in dem eine große, rechteckige Tafel eingedeckt war. Hier verkosteten wir in den nächsten Stunden nicht nur die Weine der Quinta, sondern nahmen anschließend auch ein dreigängiges Gourmet-Menü ein. Der Tisch und der Rahmen (der Raum und die Atmosphäre) erwiesen sich dabei als ausgesprochen kommunikationsfördernd: Bei keiner anderen Gelegenheit in diesen Tagen waren die Gespräche so konzentriert und umfassend – es gab kaum Einzelunterhaltungen, sondern es entspannen sich tischübergreifende Diskussionen von Fachfragen, die Sr. Pinto erschöpfend beantwortete.

Die Quinta da Calçada ist eins der ältesten Weingüter der Region und bewirtschaftet mehr als 50 Hektar Rebfläche in zertifiziert nachhaltigem Anbau. Zum Betrieb gehört auch der älteste „aktive“ Weingarten im Vinho-Verde-Gebiet, dessen inzwischen sehr sensible Rebstöcke in den 1920er Jahren gepflanzt wurden. Die Weinberge liegen zwischen 450 und 600 Meter hoch, sie sind von Granitböden und dem atlantischen Klimaeinfluss geprägt.

Wir probierten ein umfangreiches Sortiment an Still- und Schaumweinen:

Bei der Probe fiel uns auf, dass der reinsortige Alvarinho des Hauses (Terroir) nicht die Herkunftsbezeichnung Vinho Verde DOC, sondern Vinho Regional Minho trug. Den Hintergrund konnte Sr. Pinto schnell erklären: Reinsortiger Alvarinho ist nur im nördlichsten Vinho-Verde-Untergebiet Monção e Melgaço für den DOC-Status zugelassen. In allen anderen Untergebieten – und damit auch im Untergebiet Amarante, in dem sich die Quinta da Calçada befindet – kann Alvarinho lediglich Cuvée-Partner sein, wenn der Wein den DOC-Status tragen soll; sortenreiner Alvarinho kann dort nur unter der Landwein-Bezeichnung Minho vermarktet werden. Wie Sr. Pinto berichtete, denken die zuständigen Instanzen jedoch derzeit darüber nach, diese strengen Regeln zu ändern und reinsortigen Alvarinho ab 2022 im gesamten Vinho-Verde-Gebiet als DOC-Wein zuzulassen.

Gedeck und Menükarte im Restaurant "Largo de Paço" in AmaranteDas Menü, das vom Team des mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Hotelrestaurants „Largo do Paço“ zubereitet wurde, bestand aus Tunfisch mit Sake und Wasabi, Milchferkel mit Grapefruit und Blutwurst sowie Mascarpone mit Himbeere und Limette – durchaus avantgardistisch und für die Weinbegleitung herausfordernd. Diese zeigte sich aber souverän: Zur Vorspeise kam der 2017 Loureiro & Alvarinho Exuberant Grande Escolha ins Glas, danach der 2015 Vinhas Velhas. Letzterer war mit Abstand mein Favorit des Abends (und sogar der gesamten Reise), doch begeistert war ich auch vom 2017 Portal da Calçada Reserva und vom 2017 Portal da Calçada Rosé sowie vom 2017 Quinta da Calçada Exuberant, vom 2017 Quinta da Calçada Terroir und vom 2015 Quinta da Calçada Reserva.

Feudale Zeitreise: Quinta de Azevedo

Nachdem wir am folgenden Vormittag zunächst die historische Altstadt von Guimarães (UNESCO-Welterbe) besichtigt hatten, ging es mit dem Weinprogramm weiter. Auf der Quinta de Azevedo in Lama nahe Barcelos, die zu Portugals größtem Weinunternehmen Sogrape Vinhos gehört, stand ein ganzes honoriges Empfangskomitee mit Regenschirmen bereit: Dr. Miguel Pessanha, Önologe und Vorstandsmitglied von Sogrape, Mafalda Guedes, Markenverantwortliche und Repräsentantin der Sogrape-Inhaberfamilie, Kellermeister António Braga und Kommunikationsmanagerin Inês Vaz.

2017 Azevedo Loureiro & Alvarinho Escolha und 2017 Quinta de Azevedo ReservaDie Quinta de Azevedo ist ein Landgut aus dem 11. Jahrhundert mit einem Herrenhaus aus dem 15. Jahrhundert. 1980 erwarb Sogrape das Anwesen und machte es zum Zentrum seiner Aktivitäten im Vinho-Verde-Gebiet; die Rebfläche beträgt 34 Hektar. Das Gutshaus, neben dem die moderne Kellerei liegt, ist komplett restauriert und historisch eingerichtet. Durch imposante Räume gingen wir durch die erste Etage auf den großen, überdachten Balkon mit Balustrade, wo vier Weine zur Verkostung bereitstanden:

Mein Favorit dieser Probe war der 2017 Quinta de Azevedo Reserva. Wie schon am Abend zuvor in der Casa da Calçada wurden dieselben Weine anschließend auch zum Essen gereicht, was ich als großen Vorteile sehe, denn so konnten wir sofort ihre Eignung als Speisenbegleiter verifizieren. Vom Balkon geleiteten uns unsere Gastgeber ins Erdgeschoss in die historische Küche des Hauses. Dort brannte ein Feuer im großen Kamin, und wir erhielten als kulinarischen Auftakt eine köstliche rustikale Spezialität: in ausgehöhlten Brotlaiben geschmolzenen Käse mit Kräutern und Gewürzen, den man mit Brotstücken auftunkt; dazu gab es den 2017 Azevedo Loureiro & Alvarinho.

Tafel im Speisesaal der Quinta de AzevedoVon der Küche wurden wir in einen großen mittelalterlichen Saal geführt, wo eine lange, festliche Tafel eingedeckt war. Den 2017 Azevedo Loureiro & Alvarinho tranken wir auch zur Vorspeise weiter: mit Spargel gefüllten Champignons und Rucolasalat. Der Hauptgang wurde im seltenen russischen Service aufgetragen (bei dem der Gast sich selbst von Platten und aus Schüsseln bedient, die ihm angereicht werden): Kabeljau mit Kartoffeln, Eiern, Bohnen, Zwiebeln und Oliven. Ins Glas kam dazu der 2017 Quinta de Azevedo Reserva, der genug Substanz und Struktur für das deftige Gericht hatte. Als Nachspeise wurde noch einmal leite creme serviert – diesmal ergänzt um mundfüllende, unvergleichlich aromatische Kirschen aus der Region. Und es gab einen Dessertwein: Sandeman 20 Years Old Tawny Port (helles Kirschrot mit messingfarbenen Reflexen; süß, kraftvoll, schmelzig und durchaus lang mit Noten von kandierten roten Früchten, Tabak, teilweise getrockneten Kräutern und Gewürzen).

Nach dem Essen hatte sich das Wetter so weit gebessert, dass wir noch einen kleinen Abstecher in die das Gut umgebenden Weingärten machen konnten, bevor die Fahrt weiterging in unser nächstes (und letztes) Hotel: das Pousada Mosteiro de Amares (dazu wiederum später mehr) 

Historisches Erbe: Quinta D’Amares

Den späten Nachmittag und Abend unseres dritten Reisetages verbrachten wir auf der Quinta D’Amares in Bico nahe Amares. Das Weingut ist ein einzigartiges kultur- und naturhistorisches Ensemble: Die 55 Hektar Land (davon 50 Hektar mit Reben bestockt) sind nach Süden ausgerichtet und umfriedet von meterhohen Mauern. Im Dorf Santo André de Rendufe ist ein Kloster aus dem 11. Jahrhundert Teil dieser Umfriedung, und zu dessen Rückseite führt mitten durch die Weingärten ein Aquädukt aus dem 17. Jahrhundert. Das Mosteiro de Rendufe ist verlassen und in großen Teilen baufällig, doch wir durften exklusiv die Klosterkirche und den verwunschenen Kreuzgang besichtigen.

Mosteiro de Santo André de Rendufe mit Aquädukt in den WeinrebenDanach traten wir durch ein Tor auf die andere Seite der Mauer und spazierten – begleitet unter anderem von Vertriebsleiter Manuel Correia und Kellermeister Antonio Sousa – am Aquädukt entlang durch die Weinberge bis zur modernen Kellerei inmitten der Reben. Erst vor 30 Jahren hat die Eigentümerfamilie Pedrosa die einzelnen Weingärten zu einem Betrieb zusammengeführt. Die Böden bestehen, wie wir erfuhren, auf den ersten ein bis drei Metern aus Lehm, darunter folgt eine Schicht aus Quarzsand, und ab zehn Metern bildet Granit den Untergrund.

Im professionell ausgestatteten Veranstaltungsraum des Weinguts war dann ein L-förmiger Tisch zum Abendessen gedeckt. Vorher probierten wir im Foyer den ersten Schaumwein, den der Betrieb produziert hat; fünf weitere Weine folgten zum Menü:

2017 Quinta D’Amares Loureiro, 2017 Quinta D’Amares Loureiro & Arinto Superior und 2017 Quinta D’Amares AlvarinhoDer 2017 Loureiro wurde zur Vorspeise serviert: Champignons und Garnelen mit Spinat, Safran und Sahnesauce im Blätterteig. Zum Hauptgang – Seeteufel mit Spinat-Kartoffelgratin – kam der 2017 Loureiro & Arinto Superior ins Glas und bildete mit dem Gericht eine bemerkenswerte sensorische Einheit. Den 2017 Rosé gab es zur Nachspeise – drei „Konvent-Desserts“: toucinho do céu („Himmelsspeck“, ein süßer Mandelkuchen), papos de anjo („Engelsbäckchen“, eine traditionelle Süßspeise aus Eigelb und Zucker) und Mandarineneis. Während des Essens wurde überall am Tisch in zunehmend angeregter Stimmung lebhaft geredet – über Weinanbau, -herstellung und -marketing; Manuel Correia, der neben mir saß, erwies sich dabei als sehr eloquenter und humorvoller Gesprächspartner, der viel über die Strategie des Weinguts und zukünftige Projekte erzählte.

Alle Weißweine der Quinta D’Amares gefielen mir sehr gut und überzeugten insbesondere durch ihr Preis-Genuss-Verhältnis; was das betrifft, ist das Gut eine nachdrückliche Empfehlung.

Für mich war die Quinta D’Amares leider die letzte Station der Reise, da ich am nächsten Morgen früh weiterreisen musste. Die Gruppe besuchte am Folgetag noch die Quinta de Lourosa in Sousela.

Stilvoll übernachten

In der ersten Nacht in Porto wohnten wir im Crowne Plaza Hotel. Das Stadthotel der gehobenen Klasse bietet den entsprechenden Komfort und liegt verkehrsgünstig in der Nähe verschiedener Sehenswürdigkeiten wie Parks und Museen.

Kunstinstallation im Atrium des Monverde Wine Experience HotelsIn der zweiten Nacht logierten wir, wie bereits angesprochen, im Monverde Wine Experience Hotel in Telões. Das „Weinerlebnishotel“ liegt inmitten von Weingärten der Quinta da Lixa – und im Feinschmecker 8/2018 (S. 95) hat Sebastian Bordhäuser es so prägnant beschrieben, dass ich ihn nachfolgend zitieren möchte: „Die 29 Zimmer verteilen sich auf drei Gebäudekomplexe, die von außen schlicht mit Holz, Glas und Metall gestaltet sind und innen durch modernes Design begeistern. Holz und Beton sind die stimmenden Stilmittel, und die frei stehende Badewanne erlaubt einen unverstellten Blick auf die Weinberge. Das Haupthaus mit Restaurant, Bibliothek, Aufenthaltsräumen und Terrassen ist weitläufig und offen angelegt, genau wie der Spa mit dem großen Außenpool. Farblich kontrastieren bordeauxrot-herbstliche Akzente mit dem namensgebenden frühlingshaften Grün – ein Leitthema auch für die Bewirtschaftung des gesamten Hotels, das komplett nach EU-Richtlinien biozertifiziert ist. Sogar die Kunst im Atrium spielt mit der Farbe: Eine riesige Installation aus 366 hölzernen, an Fäden befestigten Blättern symbolisiert das Jahr im Weinberg; ein Blatt für jeden Tag, das Schaltjahr in Gold.“ Dieser Installation begegnet man zunächst auf Augenhöhe, denn die Rezeption, die Bar und andere öffentliche Räumlichkeiten befinden sich in der ersten Etage, von der man im Atrium auf das Restaurant hinunterschauen kann. Von der großen Terrasse blickt man über das gesamte Areal, und zwischen dem Haupthaus und den Gästezimmer-Gebäuden werden die Gäste mit Elektromobilen (wie auf dem Golfplatz) chauffiert. Das Monverde Wine Experience Hotel ist ein Wellness- und Genussrefugium und ein architektonisches Gesamtkunstwerk.

Kirche und Pousada Mosteiro de Amares in AmaresDie dritte Nacht verbrachten wir, wie ebenfalls bereits erwähnt, im Pousada Mosteiro de Amares. Das Hotel ist ein ehemaliges Kloster aus dem 12. Jahrhundert, direkt im Zentrum von Amares gelegen (auf dem Platz vor dem Hotel und der Kirche findet freitags der Wochenmarkt statt); der Umbau des Hauses dauerte acht Jahre. Die 32 Mönchszellen wurden in zeitgemäße Gästezimmer umgewandelt, die Flure und öffentlichen Räume verströmen trotz aller modernen Annehmlichkeiten noch immer historisches Flair. Es gibt ein Restaurant und eine Bar mit Kamin sowie im Außenbereich den Kreuzgang des Klosters und große Rasenflächen, einen Marmorpool und einen Tennisplatz.

Fazit: Mut zu Vinho Verde

Ja, es gibt Vinho Verde nach wie vor als dünne, zitrusfruchtige, mit Kohlensäure auf Frische getrimmte Plörre. (Daran sind auch einige Weine auf dieser Reise knapp vorbeigeschrammt.) Aber es gibt eben auch die anderen, die qualitativ hochwertigen Vinhos Verdes mit Substanz, Charakter und Reifepotenzial. Darauf sollte man sich unbedingt einlassen; diese Weine lohnt es sich zu suchen, zumal das Preis-Genuss-Verhältnis äußerst überzeugend ist und, wie gesehen, die Vielfalt nahezu unermessliche Möglichkeiten bietet. Speziell auch die Schaumweine haben es mir angetan.

Vinho-Verde-Flaschen auf einem Tisch„Bordeaux-Weine kommen aus Bordeaux, toskanische Weine kommen aus der Toskana, aber Vinho Verde kommt nicht aus Vinho Verde“, brachte bei einem unserer Tischgespräche jemand einen wichtigen Vermarktungsaspekt auf den Punkt. Es ist nicht so einfach zu vermitteln: Was ist Vinho Verde? Ein Stil? Eine Herkunft? Viele Konsumenten halten Vinho Verde erst einmal für eine Rebsorte, was ja leider grundlegend falsch ist. Vinho Verde ist tatsächlich die Vielfalt und die Kombination aus Rebsorte, Weinart und Terroir. Und insofern sowohl Stil als auch Herkunft.

Was den Stil betrifft, ist Vinho Verde traditionell eher leicht im Alkohol mit zehn oder elf Volumenprozent; das trifft auch auf Rot- oder Schaumweine zu. Doch es gibt auch Exemplare mit 13 oder 14 Volumenprozent – und diese haben, wenn sie entsprechend substanziell und ausgewogen sind, unbedingt ihre Berechtigung; sie sind sogar die besonders spannenden. Die Herausforderung besteht darin, einen alkoholarmen Wein mit Tiefe, Charakter und Vielschichtigkeit zu erzeugen.

2016 Quinta de Soalheiro Granit Alvarinho Monção e MelgaçoWas die Herkunft, im engeren Sinne als das gesetzlich definierte Gebiet, betrifft: Terroir wird von den Erzeugern oft als Differenzierungsmerkmal genannt – aber nicht bis ins Detail erklärt und wohl auch nicht bis ins Detail verfolgt. Wenn im Vinho-Verde-Gebiet Granitboden vorherrscht, bedeutet das ja nicht, dass über die gesamten 21.000 Hektar Rebfläche überall dieselbe Bodenstruktur besteht. Detaillierte geologische Analysen und deren Umsetzung beim Weinan- und -ausbau stehen hier – so scheint es – erst am Anfang. Viele Winzer wollen sich über das Terroir profilieren und ziehen diesen Begriff heran, wenn es um die Abgrenzung gegenüber dem populären Stil geht. Doch wirkliche bodenbezogene Eigenständigkeit und Diversität finden sich noch eher selten – die weitere Entwicklung in der Region zu verfolgen, wird deshalb ausgesprochen interessant sein. (Einer der innovativsten Vinho-Verde-Produzenten ist übrigens die Quinta de Soalheiro, die wir auf unserer Reise zwar nicht besuchten, deren Gewächse ich jedoch in anderem Kontext bereits kennengelernt habe.)

Peer F. Holm, Präsident der Sommelier Union Deutschland, fasst den Status quo in einer Pressemitteilung der CVRVV wie folgt zusammen: „Es gibt sehr gute Weine, die zwei, drei, vier Jahre oder noch älter sind. Meiner Meinung nach haben wir einen Zeitpunkt erreicht, zu dem wir Vinho Verde auf einem neuen Niveau erleben. Nicht nur als süßen, trinkbaren Wein, sondern auch als starken, ernst zu nehmenden Wein in der Gastronomie.“ Dem kann ich nach meinen Erfahrungen dieser Reise nur zustimmen – und freue mich darauf, wenn Vinho Verde demnächst noch mehr Einzug in die Restaurants der Welt hält. Ich jedenfalls werde verstärkt nach Vinho Verde Ausschau halten, denn ich weiß jetzt, wie gut, vielseitig und charaktervoll er sein kann.

Ergänzend: Impressionen von Mitreisenden

Glossar wesentlicher portugiesischer Weinbegriffe

adega = Weinkeller, Weinkellerei, Weinlokal

bruto = brut

casta = Rebsorte

cepa = Rebe

colheita = Ernte, Jahrgang

Denominação de Origem Controlada (DOC) = kontrollierte Herkunftsbezeichnung

Denominação de Origem Protegida (DOP) = geschützte Ursprungsbezeichnung

doce = süß

engarrafado = abgefüllt

escolha = Selektion, Auswahl, Auslese

espumante = Schaumwein

fermentação = Gärung

Indicação Geográfica (IG) = geografische Herkunftsangabe

Indicação Geográfica Protegida (IGP) = geschützte geografische Angabe

meio seco = halbtrocken

pipa = Weinfass

quinta = Weingut

seco = trocken

videira = Rebe, Rebstock

vinha = Weinberg

vinhas velhas = alte Reben

vinhedo = Weinberg, Rebfläche

vinho = Wein

vinho branco = Weißwein

vinho de qualidade = Qualitätswein

vinho regional / vinho da região = Landwein

vinho tinto = Rotwein