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Nikolaus heißt auf Kroatisch Nikola, als Weihnachtsfigur auch Djed Božićnjak. Aber darum geht es hier gar nicht. Vielmehr geht es um eine Probe kroatischer Weine, deren Qualitätsniveau fast durchweg beeindruckend war. Und die fand zufällig am Nikolaustag statt.

Robert Glavas, Gastgeber im Restaurant „Dubrovnik“ in Maintal-Wachenbuchen, hatte einen kleinen Kreis weinkundiger Menschen zur Kroatien-Verkostung geladen. Dazu zählten Bernd Klingenbrunn von K&M Gutsweine in Frankfurt mit seiner Frau Barbara Brendel, Sven Hartramf von Vino Monte in Offenbach-Bieber und ich. In neugieriger, gut gelaunter Runde probierten wir insgesamt 15 Weine aus einheimischen und internationalen Rebsorten – zehn weiße und fünf rote.

Weinland Kroatien

Die Weinkultur und -geschichte an der kroatischen Adriaküste ist bereits über 3.000 Jahre alt. Von den rund 60.000 Hektar Rebfläche Kroatiens stehen heute etwa die Hälfte bis zwei Drittel im Ertrag (zum Vergleich: die deutsche Rebfläche beträgt gut 100.000 Hektar, die österreichische knapp 46.000 Hektar). Das Land ist in zwei Haupt-Weinbauregionen unterteilt, die sich klimatisch deutlich voneinander unterscheiden. Diese beiden Weinbauregionen gliedern sich in insgesamt zwölf Subregionen, die ihrerseits wiederum in einzelne Anbaugebiete aufgeteilt sind.

Von Slowenien im Nordwesten bis Serbien im Osten erstreckt sich das kontinentale Hinterland Kroatiens (Kontinentalna Hrvatska). Hier herrscht kontinentales Klima mit heißen Sommern und kalten Wintern sowie großen Unterschieden zwischen Tag- und Nachttemperaturen. Die sieben Subzonen dieser Region sind Podunavlje (Donaugebiet), Slavonija (Slawonien), Moslavina, Prigorje-Bilogora, Pokuplje, Plešivica und Zagorje-Međimurje. Im kontinentalen Kroatien werden hauptsächlich Weißweine produziert.

Entlang der Adriaküste im Westen und Süden des Landes erstreckt sich das kroatische Küstenland (Primorska Hrvatska). Das Klima hier ist mediterran mit heißen, trockenen Sommern und milden, feuchten Wintern. Die fünf Subzonen dieser Region sind Istra (Istrien), Hrvatsko Primorje (das Küstengebiet einschließlich vieler Inseln), Sjeverna Dalmacija (Nord-Dalmatien), Dalmatinska Zagora (Dalmatinisches Hinterland) und Srednja/Juzna Dalmacija (Mittel- und Süd-Dalmatien). An der Küste liegt der Schwerpunkt auf Rotweinen. 

Die wichtigsten Rebsorten in Kroatien sind Graševina (Welschriesling) und Malvazija Istarska (Weißer Malvasier) als weiße sowie Plavac Mali und Merlot als rote Trauben. Darüber hinaus werden zahlreiche weitere autochthone und auch internationale Sorten angebaut, unter anderem die weißen Rizling Rajnski (Riesling), Chardonnay, Sauvignon Blanc, Silvanac Zeleni (Silvaner), Traminac (Traminer), Pinot Gris (Grauburgunder), Pinot Blanc (Weißburgunder) und Pošip Bijeli sowie die roten Cabernet Sauvignon, Frankovka (Blaufränkisch), Teran (Refosco), Tribidrag (Primitivo), Syrah und Pinot Noir (Spätburgunder).

Kroatien hat auch ein Qualitätssystem für Weine – und zwar nicht erst, seit es Mitglied der Europäischen Union ist. Wichtige Weinbezeichnungen, die das Verstehen der Etiketten erleichtern, sind:

Die Weingüter

2015 Sauvignon Blanc, OrahovicaDie 15 Weine, die zur Verkostung anstanden, stammten von sieben Produzenten aus dem Donaugebiet, Slawonien, Istrien und Dalmatien – in alphabetischer Reihenfolge:

Giorgio und Vesna Clai betreiben konsequent biologischen Weinbau. Ihr Weingut liegt im istrischen Dorf Krasica und verfügt über sechs Hektar Rebfläche, auf denen Malvasier, Grauburgunder, Chardonnay, Sauvignon Blanc, Muskateller und Plavina sowie Refosco, Merlot und Cabernet Sauvignon stehen. Eine Spezialität von Giorgio Clai sind Orange Wines, also maischevergorene Weißweine.

Das Weingut Meneghetti liegt in Bale in Istrien und gehört zum gleichnamigen Hotel und Restaurant, das Mitglied der Vereinigung Relais & Châteaux ist. Inhaber sind Romana und Miroslav Plišo und Goran Hanžek, für die Weine zeichnen Betriebsleiter und Kellermeister Damir Bosek und der italienische Önologe Walter Filiputti verantwortlich. Auf zwölf Hektar Rebfläche wachsen Chardonnay, Weißburgunder, Malvasier, Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Syrah und Spätburgunder. Neben Wein erzeugt Meneghetti auch Olivenöl.

2016 Frenchie, Saints HillsPP Orahovica ist ein großes landwirtschaftliches Unternehmen in Orahovica in Slawonien. Auf einer Gesamtfläche von über 10.760 Hektar betreibt PP Orahovica Ackerbau, Obstbau, Viehzucht, Fischerei und Weinbau. Die Rebfläche umfasst 192 Hektar und ist mit Silvaner, Grauburgunder, Riesling, Welschriesling, Blaufränkisch, Chardonnay und Sauvignon Blanc bestockt.

Mladen Rožanić ist eine Größe in der Naturweinszene. Sein Weingut Roxanich liegt im Dorf Kosinožići in Istrien und hat 23 Hektar Weinberge. Dort wachsen Sauvignon Blanc, Weißburgunder, Grauburgunder, Chardonnay, Malvasier, Friulano, Glera, Vugava, Refosco (Teran), Blaufränkisch (Borgonja), Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc, Syrah, Barbera und mehrere weitere Sorten. Rožanić vergärt alle seine Weine auf der Maische und setzt dafür alte Holzfässer, offene Bottiche, Beton-Eier oder Amphoren ein. Danach reifen die Gewächse mindestens drei Jahre auf der Feinhefe.

2015 Meneghetti White, MeneghettiSaints Hills ist das Weingut von Ernest und Ivana Tolj. Es ist in dem kleinen Dorf Oskorušno auf der Halbinsel Pelješac in Dalmatien beheimatet und bewirtschaftet drei Weinberge: zwei in Dalmatien und einen in Istrien. Diese tragen die Namen der drei Kinder Lucia, Roko and Ante, die ihrerseits nach den drei Heiligen Lucia, Rochus und Antonius benannt sind. Der Rebsortenspiegel umfasst Plavac Mali ebenso wie Sauvignon Blanc, Sémillon, Chardonnay, Malvasier und Pošip; die bekanntesten Weine des Guts sind Dingač, Nevina und Sv. Roko. Beraten wird Familie Tolj vom französischen Önologen Michel Rolland.

Das Weingut Stina liegt in Bol auf der süd-dalmatinischen Insel Brač, die für ihren marmorähnlichen weißen Kalkstein bekannt ist. „Stina“ bedeutet im lokalen Dialekt „Stein“, und in diesem Kalksteinboden wurzeln die Reben der autochthonen Sorten Pošip, Vugava, Plavac Mali und Tribidrag auf gut 80 Hektar Rebfläche, teilweise in sehr steilen Hängen. Neben dem Namen des Weinguts hat der weiße Stein auch die auffällige Gestaltung der Vorderetiketten der Flaschen inspiriert: Sie sind komplett weiß und tragen die Angaben zum Wein lediglich als kleinen, ebenfalls weißen Eindruck in einer Ecke.

2015 Mala Nevina, Saints HillsDie landwirtschaftliche Genossenschaft TRS entstand durch den Zusammenschluss mehrerer Familienbetriebe und liegt in Ilok, ganz im Osten Kroatiens im Donaugebiet (Podunavlje). An den westlichen Hängen des Mittelgebirges Fruška Gora wachsen Welschriesling, Chardonnay, Riesling und Traminer sowie Blaufränkisch, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc. 

Die Weine

Die Reihenfolge der Verkostung festzulegen, war nicht ganz einfach, da die Ausbauart der Weine nicht immer klar war. Hier die optimale Probenfolge:

Weiß- und Orange-Weine

2015 Sauvignon Blanc, Orahovica, Slawonien

2016 Frenchie, Saints Hills, Istrien

2015 Meneghetti White, Meneghetti, Istrien

2011 Jezerac Silvanac Zeleni, Orahovica2015 Mala Nevina, Saints Hills, Istrien

2013 Nevina, Saints Hills, Istrien

2015 Pošip majstor, Stina, Dalmatien

2014 Ottocento Bijeli, Clai2011 Jezerac Silvanac Zeleni, Orahovica, Slawonien

2013 Traminac, TRS, Donaugebiet

2014 Ottocento Bijeli, Clai, Istrien

2009 Ines u bijelom, Roxanich, Istrien

Rotweine

2015 Tribidrag, Stina, Dalmatien

2013 Plavac Mali majstor, Stina2015 Sv. Roko, Saints Hills, Dalmatien

2013 Plavac Mali majstor, Stina, Dalmatien

2014 Ottocento Crni, Clai, Istrien

2008 Teran Ré Istrijanac, Roxanich, Istrien

Abschließendes Urteil

Wie bereits eingangs gesagt, waren wir von der Qualität und der Eigenständigkeit der meisten Weine sehr beeindruckt.

Zum 2009 Ines u bijelom von Roxanich ist festzustellen, dass die Flasche aller Wahrscheinlichkeit fehlerhaft war. Wie Mladen Rožanićs Weine sein können, haben wir beim 2008 Teran Ré Istrijanac gesehen, und die Runde hatte ausreichend Erfahrung mit Natur- und Orange-Weinen, um einhellig zu befinden, dass der Ines u bijelom nicht in Ordnung war.

Zusammenfassend waren meine Favoriten der Verkostung:

Weißweine

  1. 2014 Ottocento Bijeli, Clai
  2. 2013 Nevina, Saints Hills
  3. 2013 Traminac, TRC
  4. 2015 Pošip majstor, Stina

Rotweine

  1. 2008 Teran Ré Istrijanac, Roxanich
  2. 2014 Ottocento Crni, Clai
  3. 2015 Sv. Roko, Saints Hills

Der 2008 Teran Ré war so vielschichtig, facettenreich und dynamisch, dass er sich nur sehr schwer in Worte fassen lässt. Bernd Klingenbrunn beschrieb ihn treffend als „leichtfüßig und tänzerisch und doch mit Nachdruck“.

Angesichts dieser Qualitäten muss es den kroatischen Winzern nicht an Selbstbewusstsein mangeln. Dass das auch nicht der Fall ist, zeigen die Preise, die für die verkosteten Gewächse aufgerufen werden: Sie gehen auch im Einkauf mitunter über 20 Euro hinaus.

Vielen Dank an dieser Stelle für die Einladung und den Service an Gastgeber Robert, der mit großem Einsatz und viel Herzblut dabei ist, dort in Wachenbuchen ein kleines Wein-Refugium zu schaffen. Das verdient Respekt und Unterstützung.