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Vom 13. bis 15. März 2016 fand in Düsseldorf wieder die ProWein, die „internationale Leitmesse für Weine und Spirituosen“ (so der Veranstalter Messe Düsseldorf) statt. Nach über drei Monaten komme ich nun endlich dazu, meinen Bericht von der Veranstaltung fertigzustellen – denn sie hatte es in sich.

Grenzüberschreitend und Grenzen sprengend

Plan des ProWein-MessegeländesLaut der Abschluss-Pressemitteilung empfingen dieses Jahr 6.200 Aussteller aus 59 Ländern über 55.000 Fachbesucher aus 126 Nationen, was einem Besucheranstieg von rund sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht (2015: 52.000 Fachbesucher aus 123 Ländern). Dabei überschlägt sich die Messegesellschaft mit positiven Nachrichten: „Der Erfolgskurs der ProWein ist ungebrochen“, heißt es in der Mitteilung; die Messe sei „in ihrer Größe und Vielfalt weltweit einzigartig“ und entwickle sich „immer mehr zu einem globalen Top-Event“.

Dagegen ist nichts zu sagen – doch inzwischen scheinen die Ausmaße der Veranstaltung die Infrastruktur der Stadt Düsseldorf an ihre Grenzen zu bringen. Nicht nur rund um das Messegelände brach während der drei Messetage mindestens zweimal am Tag der Verkehr (zumal der ÖPNV) zusammen. Die U-Bahnen waren hoffnungslos überfüllt (mitunter war an der Haltestelle bei einfahrenden Zügen kein Zustieg mehr möglich), an den Taxiständen bildeten sich Schlangen von weit über 100 Metern Länge, und die Straßen und Kreuzungen in Messenähe waren verstopft. Und ich habe noch in keiner anderen Stadt so aggressive und rücksichtslose Taxifahrer erlebt wie in Düsseldorf: Da werden Busse ausgebremst und absichtlich behindert oder es wird auch mal gern während der Fahrt ohne Freisprecheinrichtung telefoniert. Ein guter Eindruck sieht anders aus.

Ein weiteres großes Problem ist und bleibt die Verpflegung auf der Messe. Sie war lediglich in den Hallen an Ausstellerständen (!) genießbar – beispielsweise bei Gruber’s Restaurant in der Österreich-Halle (vorbildliche Organisation, tadellose Produkte und Zubereitung, ansprechender Rahmen) oder am Gemeinschaftsstand von Demeter. Bei den Ausstellern sind die Speisen zwar immer noch hochpreisig, haben aber gute bis sehr gute Qualität. Die messeeigene Gastronomie dagegen ist qualitativ absolut unter aller Kritik und insbesondere dafür wahrhaft unanständig teuer; nach Sichtung des Angebots war ich nicht nur enttäuscht, sondern richtiggehend wütend.

Stimmungsbild

Angeboten wurde auf der Messe naturgemäß der aktuelle Jahrgang: Der Markt will 2015, mindestens im Basissegment (und ich muss das von Berufs wegen auch). Dabei ist vielfach 2014 jetzt erst trinkreif – oder noch nicht mal. Die meisten deutschen Winzer hatten von den 2015er Weinen folgerichtig nur Fassproben dabei, was immer schwierig ist, weil sie eben nicht endgültig beurteilbar sind; wer auf dieser Basis als Händler oder Gastronom Bestellungen vornimmt, geht zumindest ein gewisses Risiko ein. Hier stehen meines Erachtens Wein und Winzer mit ihren Qualitätsinteressen mehr oder weniger erfolglos gegen den Nachfragedruck des Marktes, also des Handels und der Endverbraucher (die ohne Befeuerung durch den Handel womöglich gar nicht so schnell nach dem neuen Jahrgang schreien würden). Meine Devise: Gebt den Weinen Zeit! Ausnahmen wie Moselwinzer Thorsten Melsheimer, der seinen Jahrgang 2015 nicht vor September dieses Jahres auf den Markt bringen und auch nicht vorführen wird, sind leider selten.

Ein Gesprächsthema auf der ProWein war unter anderem der Klimawandel. Quintessenz: Die nördlichen Weinbaugebiete und bisher eher minderwertige Lagen werden vom Temperaturanstieg profitieren; in heutigen guten Lagen wird es dagegen zu heiß werden. Die jetzt schon beobachtbaren Folgen: Rebsortenverschiebungen zum einen, aber zum anderen auch bisher bei uns unbekannte Schädlinge und immer mehr Unwetter mit entsprechenden Schäden. Dieses Thema ist insofern von existenzieller Bedeutung.

Champagnerglas vor dem Firmenlogo von Legras & HaasJérôme Legras vom Champagnerhaus Legras & Haas gab auch eine Einschätzung zur Messe ab: Er berichtete nicht nur in eigener Sache, dass sich erstens die Ausstattung seiner Champagner behutsam ändern und zweitens im Herbst ein neues Produkt auf den Markt kommen werde, sondern bemerkte auch, die ProWein sei insgesamt ernster geworden, es gebe nicht mehr so viel Partystimmung. Also mit zunehmender Größe und Internationalität auch immer mehr Hardcore-Business-Fokus? Plausibel erscheint mir das durchaus.

ProWein bedeutet auch immer: rigorose Beschränkung und Konzentration. Angesichts der Vielzahl und Vielfalt der Aussteller muss man sehr genau selektieren, welche Schwerpunkte man als Besucher setzt. Ich setzte sie in diesem Jahr in meinen drei Haupt-Weinländern Deutschland, Österreich und Frankreich und machte darüber hinaus – das ist der große Vorteil der ProWein – einige Abstecher nach Übersee: Kalifornien, Neuseeland und Kanada.

Deutschland

ProWein-Messestand Deutsches WeininstitutBeginnen wir mit einigen Schlaglichtern: Eine sehr überzeugende Kollektion präsentierte Grans-Fassian (Mosel), bei Schlossgut Diel (Nahe) beeindruckte mich der 2008 Goldloch Riesling Brut (Zéro Dosage, 78 Monate Hefekontakt) und bei Sebastian Strub (Rheinhessen) der 2015 Pettenthal Sauvignon Blanc trocken. Fritz Groebe begeisterte mich besonders mit seinem 2014 Aulerde Riesling Großes Gewächs und seinem 2003 Kirchspiel Riesling Spätlese Große Lage. 

Domdechant Werner (Rheingau) zeigte ebenfalls ein ansprechendes Portfolio, doch den 2015 Riesling Kabinett trocken finde ich trotz seiner geradezu bewundernswerten Balance grenzwertig – jedenfalls in der Prädikatsbezeichnung: Der Wein hat 14,5 Volumenprozent Alkohol! Das merkt man sensorisch, wie gesagt, kaum, aber ein Kabinett hat für mich maximal 12 Volumenprozent, Punkt. Der Orientierung des Konsumenten erweist man mit ausgewiesenen Kabinettweinen in solch hohen Alkoholsphären meines Erachtens keinen Dienst.

Bei Melsheimer (Mosel) fand ich zwei Weine besonders hervorhebenswert: den 2014 Vade Retro Riesling trocken mit Aromen von Orangenschalen und Apfelkernen, Saft und Zug sowie den 2013 Mullay-Hofberg Riesling Dosage Zero – saftig, kompromisslos und animierend mit der Frische des Rieslings und dem Schmelz des Spätburgunders.

Im Sortiment von Felix und Christian Graf Adelmann (Württemberg) gefiel mir am besten der 2014 Hades Grauburgunder trocken, aber auch der 2015 Der Löwe von Schaubeck Weißweincuvée trocken, der 2013 Brüssel Lemberger trocken, der 2012 Der Löwe von Schaubeck Lemberger trocken und der 2012 Der Schwarze Löwe Oberer Berg Lemberger Großes Gewächs sind eine eindeutige Empfehlung wert. Ein spezielles „Experiment“ ließ Felix mich blind probieren: einen Trollinger Blanc de Noirs – noch als Fassprobe und überhaupt nicht zu erraten, aber hochgradig faszinierend mit Aromen von Blüten, Mandeln und Haselnüssen.

Betriebsleiter Maximilian Ferger von Wwe. Dr. H. Thanisch Erben Müller-Burggraef (Mosel) kredenzte mir in einer ausführlichen Probe die süßen Spezialitäten des Hauses. Für mich die edelsten: 2014 Berncasteler Doctor Riesling Kabinett, 2014 Brauneberger-Juffer Sonnenuhr Riesling Spätlese, 2014 Berncasteler Doctor Riesling Auslese und 2006 Berncasteler Doctor Riesling Auslese. Zum Abschluss gab es noch einen ganz trockenen Wein: den 2013 White Thanisch.

Am großen Stand von Schloss Vaux (Rheingau) verkostete ich das gesamte Sortiment von 13 Schaumweinen und war wieder einmal sehr angetan. Meine Favoriten:

2013 Grüner Veltliner Brut von Schloss Vaux

Die Attraktion bei Schloss Vaux war indessen „Träublein“, ein alkoholfreies „biologisches Erfrischungsgetränk“, hergestellt unter anderem aus Trauben- und Johannisbeersaft und Gerstenmalz – also eine Art Zwischending zwischen Fruchtsaft und alkoholfreiem Bier, das im Geschmack an die Halsbonbons einer bekannten Schweizer Marke erinnerte: süß und malzig mit Holunder-, Cassis-, Blüten- und Kräuternoten.

Österreich

Auch hier zunächst ein paar Schlaglichter: Zurück in alter Form ist endlich F.X. Pichler (Wachau); was ich auf dieser ProWein verkostete, wird dem ehrwürdigen Ruf und Glanz des Hauses wieder gerecht. Größere Aufmerksamkeit verdient generell das rechte Donauufer in der Wachau, vor allem die Weine aus der Riede Kirnberg und namentlich die Weingüter Josef Fischer und Georg Frischengruber

2015 Orange T und 2015 Wiener Gemischter Satz DAC von ZahelZahel (Wien) überzeugte vor allem mit zwei Weinen: dem 2015 Wiener Gemischter Satz DAC und dem 2015 Orange T – der nicht (wie ich zuerst dachte) ein maischevergorener Weißwein, sondern aus der seltenen Rebsorte Orange gekeltert ist. Von Schuster (Wagram) sind der 2014 Grüner Veltliner Eisenhut Reserve, der 2015 Roter Veltliner vom Löss, der 2013 Zweigelt Goldberg und der 2012 Zweigelt Goldberg Reserve als besonders erwähnenswert.

Beim Mantlerhof (Kremstal) führte mich der coole Junior ebenso sachkundig wie lässig durch das Sortiment. Meine Favoriten waren: der knackige, charmante 2015 Neuburger Hommage; der feine, frische 2015 Gelber Muskateller; der saftige, tiefe 2014 Wieland 1. Lage Riesling Kremstal DAC Reserve; der 2015 Spiegel 1. Lage Grüner Veltliner Kremstal DAC Reserve mit Schmelz und Kraft; der 2011 Reisenthal Roter Veltliner Reserve M aus der Magnumflasche mit Holzwürze, Schmelz und Zug.

2015 Gelber Muskateller von ZöhrerDas Weingut Thomas Leithner (Kamptal) ist eine Neuentdeckung, die ich der Empfehlung von Michael Jetter von Rebhof Weine verdanke. Ich probierte Spannendes und konnte zwei Kategorien von Favoriten festmachen: Empfehlenswert sind der 2015 Zweigelt Rosé, der 2014 Steinhaus Grüner Veltliner Kamptal DAC Reserve, der 2013 Steinhaus Riesling Kamptal DAC Reserve und der 2014 Riesling Privat. Sehr empfehlenswert sind der 2013 Grüner Veltliner X, der 2009 Grüner Veltliner X und der 2013 Fraupoint Traminer.

Toni Zöhrer (Kremstal) hatte neben seinen Weine auch Bodenproben mitgebracht, um die Herkunft der Gewächse zu veranschaulichen. Hier legte ich sogar drei Favoritengruppen fest: empfehlenswert der 2015 Sand 1 Lössterrassen Riesling Kremstal DAC; sehr empfehlenswert der 2015 Gigant Grüner Veltliner Kremstal DAC Reserve und der 2015 Impuls Grüner Veltliner Kremstal DAC Reserve; absolut empfehlenswert der 2015 Lössrieden Gelber Muskateller, der 2015 Urknall Grüner Veltliner Kremstal DAC Reserve und der 2013 Anteon Grüner Veltliner Kremstal DAC Reserve.

2013 Sauvignon Blanc Royal, 2010 Sauvignon Blanc Royal und 2013 Obegg Sauvignon Blanc von Skoff OriginalDie Weine von Walter Skoff (Südsteiermark) sind im Stil generell kühl, saftig und animierend mit viel Schliff. Ausgehend von den drei Favoritengruppen besetzt er die unterste und die oberste Stufe: empfehlenswert der 2015 Gelber Muskateller Klassik, der 2015 Riesling, der 2013 Weißburgunder Grassnitzberg, der 2013 Morillon Grassnitzberg und der 2010 Morillon Grassnitzberg; absolut empfehlenswert der 2013 Sauvignon Blanc Obegg, der 2013 Sauvignon Blanc Royal und der 2010 Sauvignon Blanc Royal.

Auch Georg Preisinger (Burgenland, Neusiedlersee) hatte wieder eindrucksvolle Gewächse mitgebracht: empfehlenswert der 2009 Weißburgunder Sixty-Four (dicht, engmaschig, tief und kraftvoll mit Griff), der 2013 Weißburgunder Sixty-Four Orange (dicht, kraftvoll, fokussiert und „erwachsen“ mit Saft und Schliff), der 2012 Blaufränkisch Heideboden (saftig mit voller Beeren- und Kirschfrucht, feiner Würze und kühler Mineralität), der 2012 Blaufränkisch Ungerberg (mit Biss, Saft und Fülle) und der 2012 Blaufränkisch Finn (dicht, saftig, sehr fein und nachhaltig); sehr empfehlenswert der 2011 Chardonnay Ungerberg (lebendig und animierend mit Kraft und Schmelz) und der 2010 Zweigelt Sixty-Eight (mit Schmelz, Tiefe und Eleganz).

Erwin Tinhof (Burgenland, Leithaberg) hat seine Flaschenausstattung modifiziert – Entwürfe hatte ich mir bei einem Weingutsbesuch im Januar bereits ansehen können. Die neuen Etiketten sind angelehnt an das Vorbild Burgund und werden Tinhofs Weinstil noch mehr gerecht: Die neue Ausstattung ist hochwertiger, akzentuierter und noch klarer und wirkt (auch wenn das schon abgegriffen klingt) klassisch und modern zugleich. Und die Weine… so, wie sie sich auf der Messe präsentierten, ist fast die gesamte Kollektion der Hervorhebung würdig:

Auch bei Familie Pfaffl (Weinviertel) verkostete ich fast das gesamte Sortiment – über 25 Weine. Meine Favoriten:

Überragend waren die beiden weißen Spitzen der Kollektion: der 2015 Hommage Grüner Veltliner Weinviertel DAC Reserve (Tiefe, Würze, Kraft, Eleganz, Zug) sowie der neue 2015 Passion Riesling Reserve (Blütenduft, dicht, tief, Zug, straff, mineralisch, lang).

Frankreich

ProWein-Messestand der SopexaNachdem ich bereits vor zwei Jahren den Messestand von Châteaux & Domaines Castel besucht hatte, hatte ich in diesem Jahr einen Termin bei Maison Castel, wo sich Pressesprecherin France Delmond und Marketingdirektorin Claire Laurent meiner annahmen. Das Familienunternehmen wurde 1949 gegründet und war ursprünglich ein Weinhandelshaus. Heute ist Castel in 130 Ländern weltweit vertreten und verfügt dabei über bemerkenswert viele Niederlassungen auf dem afrikanischen Kontinent sowie über Rebflächen in Afrika und Asien. Das Markenportfolio ist breit gefächert, wobei die Hauptunterscheidung zwischen zwei Linien zu treffen ist: Châteaux & Domaines Castel ist die Premiummarke, deren Gewächse ausschließlich von unternehmenseigenen Weinbergen im Bordelais und im Languedoc stammen. Maison Castel ist die Exportmarke, deren Weine von Rebflächen an der Loire, im Südwesten, in Bordeaux, im Languedoc, in der Provence, an der Rhône, im Beaujolais, im Burgund, in der Champagne und im Elsass stammen. Maison Castel unterhält sechs Produktionsanlagen in verschiedenen Regionen Frankreichs und verfolgt, wie mir die Damen erklärten, einen „lokalen Ansatz“: Die Weine würden dort produziert, wo man sich mit ihnen identifiziere, um so die Sorten- und Regionstypizität am besten herauszuarbeiten. Das Angebotsspektrum von Maison Castel umfasst Rebsortenweine, Grande-Réserve-Weine, AOC-Weine (Découverte und Sélection) und Schaumwein-Cuvées. Zusammen mit einem Sommelier des Hauses verkosteten wir dann gemeinsam vier Weine des Jahrgangs 2015: einen Chardonnay und einen Cabernet Sauvignon aus dem Languedoc, einen Merlot aus dem Bordelais und einen Chablis – der mir mit seiner geradlinigen, animierenden und saftigen Art, seinen Feuerstein- und Zitrusnoten und seiner feinen Würze am besten gefiel. Mein abschließendes, zusammenfassendes Urteil zu den Weinen von Maison Castel: „Leicht zu wählen, zu mögen und zu trinken.“

2008 Cuvée des 6 Cépages Brut von MoutardEine ausgesprochen bereichernde Entdeckung verdanke ich Philipp Schiwek, mit dem ich beim Konferenzveranstalter Euroforum zusammengearbeitet habe. Der Kommunikationsprofi hat eine große Leidenschaft für Wein, Genuss und Kultur und arbeitete auf dieser ProWein am Stand von Moutard mit. Das Haus, das Philipp seit vielen Jahren kennt, ist in der Champagne unter der Marke Moutard Père & Fils und in der Bourgogne und im Chablis unter der Marke Moutard & Diligent aktiv. Ich lernte die Schaum- und Stillweine jetzt erstmals kennen und war begeistert! Unter anderem probierten wir den 2008 Cuvée des 6 Cépages Brut (hergestellt aus Arbanne, Petit Meslier, Pinot Blanc, Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier; degorgiert im Dezember 2015) sowie den 2013 Vaudésir Chablis Grand Cru, den 2014 Vaillons Chablis Premier Cru und den 2012 Irancy.

Jedes Jahr ein Messe-Highlight ist die Degustation bei Champagne Bruno Paillard, die M. Paillard persönlich moderiert. Hier trifft man auch immer viele Protagonisten der Weinwelt, so unter anderem Martin Kössler von der K&U Weinhalle in Nürnberg. Diesmal war das Thema der Verkostung eine Vertikale des Assemblage Extra Brut, anlässlich der Präsentation des neuen Jahrgangs 2008.

Eine unverhoffte, witzige Begegnung hatte ich dieses Jahr ebenfalls am Stand von Paillard: Friedemann Spickenbom sprach mich an – der junge Gastgeber, der uns vor zwei Jahren am Messesonntag einen unvergesslichen Abend im Restaurant „Winelive“ in Meerbusch beschert hatte.

Übersee

Vier Probegläser beim Seminar "Napa Valley Rocks!"Seit meinem Initialkontakt vor drei Jahren vergeht keine ProWein, ohne
dass ich bei den Napa Valley Vintners gewesen wäre. In diesem Jahr besuchte ich ein Seminar, das unter dem Motto „Napa Valley Rocks!“ einen theoretisch unterfütterten Überblick über das Gebiet und seine Weine vermittelte. Die nördlich von San Francisco gelegene Region umfasst rund 18.250 Hektar Weinberge (vier Prozent der kalifornischen Rebfläche) und 16 AVAs (American Viticultural Areas, also Herkunftsbezeichnungen) mit über 100 Bodenvariationen. Das Klima ist ähnlich wie am Mittelmeer und weist ein in jedem Sommer wiederkehrendes Meeresnebel-Schema auf. Vier Weine probierten wir im Rahmen des Workshops: einen Sauvignon Blanc, einen Chardonnay und zwei Cabernet Sauvignons. Dabei gefiel mir am besten der 2011 Cabernet Sauvignon von Silver Oak Cellars: gegrillte Paprika, geschmolzene dunkle Schokolade, saftig, reichhaltig, lang und weich.

2013 Pride & Glory Sauvignon Blanc und 2012 The Exemplar Viognier von MariscoMarisco erzeugt – wie ich dank Europa-Vertreter Christian U. Bonfert und Christine Schloter vom Weinkönner in Leipzig erfuhr – in Neuseeland aus kleinteiligen Terroirs mit speziellen Bodenformationen und Mikroklimata beeindruckende Cool-Climate-Weine. Zusammen mit dem charismatischen Inhaber und Winemaker Brent Marris sowie dem sympathischen britischen Markenbotschafter Chris Lysley verkostete ich die verschiedenen Linien durch: fernlands, Leefield Station, the Ned, Kings Series und Craft Series. In besonders positiver Erinnerung blieben mir: der duftige Leefield Station Sauvignon Blanc 2015 mit Mineralik, Kraft und Zug; der saftige, runde, von Cassisnoten geprägte the Ned Sauvignon Blanc 2015; der holzwürzige Pride & Glory Sauvignon Blanc 2011 mit Kraft, Saft, Schmelz und Eleganz; der kühle, dichte, sehr elegante The Journey Pinot Noir 2013; der animierende A Sticky End Noble Sauvignon Blanc 2015, eine zwölf Monate im Holzfass ausgebaute Beerenauslese mit Aromen von dunklen Beeren, Paprika und Honig.

2014 Tidal Bay und 2014 Riesling Vintner's Reserve von Domaine de Grand PréMein eindringlichster Kontakt war auf der diesjährigen ProWein sicher der mit Hanspeter W. Stutz von der Domaine de Grand Pré. Der Schweizer hat in Nova Scotia (also auf der kanadischen Halbinsel Neuschottland) ein Weingut aufgebaut und produziert dort auch Apfelspezialitäten. Das wusste ich aber anfangs nicht, denn ich ging ganz unbedarft an die Sache heran: Kanadische Weine interessierten mich grundsätzlich, und nachdem ich mich mithilfe des exzellenten Marketingmaterials von Wines of Canada an dem einladenden Gemeinschaftsstand kurz orientiert hatte, erschien mir Nova Scotia aufgrund des Rebsortenspiegels und der geographischen Lage spontan besonders reizvoll – und am Stand von Grand Pré Wines (wie sich die Domaine auf Englisch nennt) war es gerade leer. Insofern war es eher ein Zufall (oder vielleicht auch gerade eben nicht), dass ich ausgerechnet an einen deutschsprachigen Aussteller geriet, der zudem noch mehr als Wein zu bieten hatte. Im ebenso angenehmen wie informativen Gespräch ließ ich mich über das Gut, die Weine und die Gegend aufklären und probierte den 2014 Riesling Vintner’s Reserve (saftig, Zitrusfrüchte, erdig-mineralisch, etwas dunkle Beeren und Maracuja, im Abgang ein wenig reduktiv), den 2014 Tidal Bay aus den weißen Rebsorten L’Acadie Blanc, Ortega, Vidal und New York Muscat (floral, exotisch, säurefrisch, animierend, Zitrusfrüchte, saftig) sowie den 18 Monate im Holzfass gereiften 2014 Castel Vintner’s Reserve (Würze, Beeren, saftig, ausgewogen). Danach holte Hanspeter Stutz noch zwei besondere Schätze hervor und gab mir diese ebenfalls zu verkosten: seinen Pomme d’Or Ice Cider (Apfel, Honig, erdig, tief, fein, perfekte Balance) und seinen Pomme d’Or Apple Cream Liqueur (Bratapfel, teilweise grüne Walnüsse, Kakao, Kirschen, komplex, cremig). Schon die Weine waren sehr gut, aber diese Pomme-d’Or-Spezialitäten waren einfach umwerfend! Stutz sucht in Deutschland und Europa noch Vertriebspartner – wer hier hilfreich sein kann, möge ihn bitte kontaktieren (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.). Gerade im Rhein-Main-Gebiet, wo man Ebbelwoi & Co. kennt und schätzt, sollten solche Produkte gute Vermarktungsmöglichkeiten haben. 

Zu guter Letzt

Buch "So kochen junge Winzer"Keineswegs verschweigen will ich natürlich, dass auf dieser ProWein auch das Buch „So kochen junge Winzer – Weine und Rezepte der Generation Riesling“ offiziell vorgestellt wurde, das Alexander Schreck, Armin Dörr und ich in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Weininstitut (DWI) herausgebracht haben; mein zweites Werk nach „Wine Entrepreneurs – Die Macher der Weinbranche“.

Und ich will noch kurz ein paar Worte über die Abendgestaltung verlieren. Am Vorabend der Messe war ich – wie bereits im vergangenen Jahr – in kleiner vinophiler Runde in der Trattoria „La Castagnas“ in Pempelfort: vorzügliche italienische Küche, sehr ordentliche Weinauswahl (die sich vielleicht mit jedem unserer Besuche steigert), gesellige Stimmung (auch wenn das mitunter einigen neureichen Spießern nicht gefällt, die sich durchs ganze Lokal brüllend [!] über die Lautstärke an einem anderen Tisch beschweren, dafür aber dann ihrerseits irritierte Blicke ernten). Am ersten Messetag war ich abends bei einem „Wine & Dinner“-Event mit dem Titel „Taste of Austria“, wo Spitzenkoch Christian Göttfried sechs Gänge zubereitete, die in einem Flying Buffet serviert wurden; dazu gab es Weine von Hans Reisetbauer, Bernhard Ott, Johannes Hirsch, Karl Fritsch, Walter Glatzer und Albert Gesellmann. Am Abend des zweiten Messetages entfloh ich dem Trubel großer Veranstaltungen und zog mich nach Heerdt zurück: in die „Kitzbühler Stuben“, wo ich einige geruhsame Stunden, wiederum mit österreichischen Spezialitäten verbrachte. Es muss nicht immer Party sein!

Die ProWein-Termine für die beiden kommenden Jahre stehen übrigens bereits fest: vom 19. bis 21. März 2017 und vom 18. bis 20. März 2018; natürlich in Düsseldorf.

Fotos 1 (Hallenplan), 3 (Stand DWI) und 10 (Stand Sopexa): Messe Düsseldorf / ctillmann