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Ein puristischer, beinahe lakonisch anmutender Titel dieses Blogbeitrags. Oder gar ein Absolutum? In gewisser Weise schon, denn genau darum und um nichts anderes ging es bei einer Probe, die am 29. August im pfälzischen St. Martin stattfand: Sauvignon Blanc. Gastgeber war Michael Trefzer vom „Kirchstübel“, und eingeladen hatte Uwe Warnecke, Organisator der jährlichen Weinmesse „Véritable“ und ehemaliger Sommelier im Hotel-Restaurant Deidesheimer Hof.

Blick durch ein Sektglas in den Weinberg14 Gäste mit Weinkompetenz und -leidenschaft fanden sich an jenem lauen Sommerabend auf der Terrasse ein – ebenso kundige wie neugierige Herren verschiedenen Alters, die entweder Wein erzeugen (als Winzer oder Kellermeister), Wein verkaufen (als Gastronom oder Händler), Wein sammeln (als Liebhaber) oder über Wein schreiben (als Journalist), mindestens eins aber gern tun: Wein trinken. Die meisten kannten einander bereits, und zum Auftakt wurde im angrenzenden Weinberg 2012er Riesling Sekt trocken vom Weingut Aloisiushof aus St. Martin kredenzt.

33 Weine hatten die Teilnehmer mitgebracht, wobei angesichts des Lokalvorteils die Pfalz stark vertreten war. Theoretisch (also mangels Vorgabe) hätten die Weine aus allen Teilen der Welt kommen können. Erstaunlicher Weise kam jedoch nur einer der Weine nicht aus Europa – eingedenk der vielen renommierten Sauvignons aus Neuseeland, Australien oder Kalifornien, die der Markt hergibt, ein eindeutiges Bekenntnis zur so genannten Alten Welt.

Ausgeschenkt wurden die Weine in Zweierflights, die zu Beginn des Abends nach Sichtung des Gesamtaufgebots zusammengestellt worden waren. Wir kosteten alle Weine blind und tauschten dann unsere Meinungen dazu aus – wohltuender Weise ohne langatmige Diskussionen. Trotz konzentrierter Atmosphäre war die Gemütslage entspannt und mehr auf Genuss ausgerichtet als auf Arbeit; das Wort unprätentiös beschreibt die Stimmung wohl zutreffend. Wir saßen gesellig beisammen und bildeten uns dabei locker, aber dennoch ernsthaft genug in der Materie weiter. Dabei lernten wir auf eindrucksvolle Art die Vielfalt der Rebsorte kennen und identifizierten Unterschiede zwischen Regionen, Terroirs, Ausbaustilen und Eigenheiten von Produzenten.

Verkostung

Hier – unbearbeitet und ungeschönt – meine Verkostungsnotizen in der Reihenfolge der Probe:

Flight 1

2013 Sauvignon Blanc The Witch Hunter, Hensel & Gretel, Pfalz, Deutschland

2011 Sauvignon Blanc I, von Winning, Pfalz, Deutschland

Flight 2

2013 Sauvignon Blanc trocken, Weingut am Nil, Pfalz, Deutschland

2012 Sauvignon Blanc I, von Winning, Pfalz, Deutschland

Flight 3

2012 Sauvignon Blanc Sernau, Tement, Steiermark2012 Sauvignon Blanc Sernau, Tement, Steiermark, Österreich

2009 Sauvignon Blanc Privatabfüllung, Schwarz, Burgenland, Österreich

Flight 4

2010 Silex Pouilly-Fumé, Didier Daguenau (par Louis-Benjamin Dagueneau), Loire, Frankreich

2001 Silex Pouilly-Fumé, Didier Daguenau, Loire, Frankreich

Flight 5

2000 Sauvignon Blanc Sanct Valentin, Kellerei St. Michael-Eppan, Südtirol2007 Sauvignon Blanc Montan, Kellerei Tramin, Südtirol, Italien

2000 Sauvignon Blanc Sanct Valentin, Kellerei St. Michael-Eppan, Südtirol, Italien

Flight 6

2012 Sauvignon Blanc Fumé, Mosbacher, Pfalz2012 Sauvignon Blanc Fumé, Mosbacher, Pfalz, Deutschland

2011 Sauvignon Blanc 500, von Winning, Pfalz, Deutschland

Flight 7

2013 Freinsheimer Oschelskopf Sauvignon Blanc trocken, Krebs, Pfalz, Deutschland

2012 Sauvignon Blanc trocken, Jakob Jung, Rheingau, Deutschland

Flight 8

2010 Blanc Pouilly-Fumé, Didier Dagueneau, Loire2012 Silex Pouilly-Fumé, Sophie Bertin, Loire, Frankreich

2010 Blanc Pouilly-Fumé, Didier Dagueneau (par Louis-Benjamin Dagueneau), Loire, Frankreich

Flight 9

2012 Sauvignon Blanc, Franz Haas, Südtirol, Italien

2011 Sauvignon Blanc Flora, Kellerei Girlan, Südtirol, Italien

Flight 10

2010 Sauvignon Blanc Terra Rossa, Weedenbornhof, Rheinhessen, Deutschland

2012 Sauvignon Blanc Element, Aloisiushof, Pfalz, Deutschland

Flight 11

2012 Sauvignon Blanc 500, von Winning, Pfalz, Deutschland

2013 Sauvignon Blanc, Ataraxia, Hemel-en-Aarde, Südafrika

Flight 12

2012 Sauvignon Blanc Quarz, Kellerei Terlan, Südtirol, Italien

2010 Petit Chemarin Sancerre, Vincent Pinard, Loire, Frankreich

Flight 13

2012 Sauvignon Blanc Winkl, Kellerei Terlan, Südtirol, Italien

2012 Nuance Sancerre, Vincent Pinard, Loire, Frankreich

Flight 14

2012 Sauvignon Blanc Reserve, Rings, Pfalz, Deutschland

2011 Cuvée La Jouline Sancerre, Dominique Roger, Loire, Frankreich

Flight 15

2009 Baron de L Pouilly-Fumé, Ladoucette, Loire, Frankreich

2012 Sauvignon Blanc Holzfass, Heiner Sauer, Pfalz, Deutschland

Flight 16

2013 Hochheimer Herrenberg Sauvignon Blanc trocken, Künstler, Rheingau2012 Sauvignon Blanc Ambrosia Reserve, Aloisiushof, Pfalz, Deutschland

2013 Hochheimer Herrenberg Sauvignon Blanc trocken, Künstler, Rheingau, Deutschland

(Solo-)Flight 17

2013 Hallgartener Jungfer Sauvignon Blanc trocken, Stefan Gerhard, Rheingau, Deutschland

Auswertung und Zusammenfassung

Das Programm war straff und das Tempo entsprechend, so dass wir einigen Weinen vielleicht nicht vollständig gerecht wurden, weil sie zu wenig Zeit bekamen, um sich zu entfalten; ich denke da speziell an den einen oder anderen von der Loire, aus Südtirol und aus Österreich. Ein nicht geringer Teil der Weine war auch zweifellos noch deutlich zu jung, um jetzt zeigen zu können, was wirklich ihnen steckt.

2010 und 2001 Silex Pouilly-Fumé, Didier Dagueneau, LoireEnttäuschend waren die beiden Silex von Didier Dagueneau in Flight 4. Der Silex ist einer der „Signature Wines“ des Hauses – extrem terroirbetont, und es ist bekannt, dass er viel Zeit und Luft braucht, bis er seine wahre Größe zeigt. Von Kritikern wird er einhellig wegen seiner Tiefe und Komplexität hoch gelobt, und er ist auch noch exorbitant teuer (100 bis 150 Euro pro Flasche). Das alles war für uns jedoch nicht nachvollziehbar angesichts dessen, wie sich die beiden Weine von 2010 und 2001 hier präsentierten; und wir hatten Zweifel, dass lange Belüftung diese zwei Exemplare tatsächlich zum Strahlen gebracht hätte; sie hätten überhaupt erst einmal zum Leben erweckt werden müssen. Doch womöglich haben wir sie wahrhaftig unterschätzt und unzureichend behandelt – selbst wenn genug von uns Erfahrungen mit Naturweinen haben.

Ich jedenfalls habe aus dieser Sauvignon-Blanc-Verkostung vier eindeutige Favoriten (und das hier ist wirklich eine Rangfolge – verbunden mit dem Versuch, den Charakter jedes Weins in einem einzigen Attribut zu erfassen):

  1. den 2012er Sauvignon Blanc Fumé von Mosbacher – wegen seiner Ausgewogenheit;
     
  2. den 2000er Sauvignon Blanc Sanct Valentin von der Kellerei St. Michael-Eppan – wegen seiner Alterslosigkeit;
     
  3. den 2010er Blanc Pouilly-Fumé von Didier Dagueneau – wegen seiner Saftigkeit;
     
  4. und den 2013er Hochheimer Herrenberg Sauvignon Blanc trocken von Künstler – wegen seiner Feinheit.

Gleich danach folgt der herbe, geschliffene 2012er Sauvignon Blanc Sernau von Tement.

Darüber hinaus waren noch mehrere Weine sehr überzeugend und empfehlenswert:

Les Beaux Regards Blanc de Blancs, Bérèche & Fils, ChampagneEs ist sicherlich am Ende nicht repräsentativ, aber für diese immerhin ziemlich umfangreiche Probe gilt: Die Pfalz, Südtirol und die Loire haben bei Sauvignon Blanc ganz exzellente Qualitäten zu bieten. Auch einige Erzeuger kann bzw. sollte man sich gezielt merken: von Winnig und Mosbacher in der Pfalz, Vincent Pinard, Didier Dagueneau und Dominique Roger an der Loire sowie durchweg die Südtiroler Genossenschaftskellereien.

Fazit: Der Abend war ebenso lehr- wie genussreich, und der Rahmen und die Herangehensweise an die „Aufgabe“ waren äußerst angenehm. Zum Abschluss stießen wir im kleineren Kreis noch mit zwei exquisiten Winzerchampagnern an: L‘accomplie Premier Cru von Savart und Les Beaux Regards Blanc de Blancs von Bérêche & Fils.

Die nächste Veranstaltung dieser Art soll voraussichtlich noch in diesem Jahr stattfinden. Bekäme ich wieder eine Einladung – ich nähme sie mit Vergnügen an. In diesem Sinne: Herzlichen Dank an alle Mitwirkenden und gern bis zum nächsten Mal!