PDF

Dies ist inzwischen die vierte ProWein, über die ich im Blog berichte. Und auch in diesem Jahr zeigte sich, dass es auf der Messe nicht nur um Weine, sondern unbedingt auch um Menschen geht. Gute Weine sind ohnehin nicht von ihren Erzeugern zu trennen, denn sie tragen deren Handschrift und sind geprägt von deren Philosophie – auch dann, wenn diese darin besteht, der Natur so weit wie möglich freien Lauf zu lassen.

Neben zahlreichen Wein-Neuentdeckungen bescherte mir auch diese ProWein das Wiedersehen mit vielen Branchenkollegen und Freunden sowie neue Kontakte. Einige sah ich nur kurz im Vorbeigehen, etwa Martin Kössler von der K&U Weinhalle, Albert de Jong von der Imperial Wijnkoperij oder Weinblogger Dirk Würtz, der als Betriebsleiter auch für das Weingut Balthasar Ress verantwortlich zeichnet; mehr als ein kurzer Gruß war hier kaum möglich. Andere traf ich „ausführlicher“ beim Verkosten am Stand, im Pressezentrum oder bei Abendveranstaltungen, darunter Bernd Klingenbrunn von K&M Gutsweine, Susanne Platzer von Culinarium Bavaricum, Wein- und Gastronomieberater Rüdiger Meyer, Christine Schloter von SchloterSeminare, Anjela Wittkowski von Vinoresca, Peer F. Holm von Wein & Wissen, die Weinblogger Stefan Schwytz von „Baccantus“, Peter Jakob von „Etwas über Wein“ und Simon Woolf von „The Morning Claret“, Wein- und Restaurantkritiker Wolfgang Faßbender, Michael Pleitgen von der Weinakademie Berlin, Max Gärtner von Vicampo, Astrid Zieglmeier von der IHK Akademie München, Frank John von John Results, Peter Julius von der Stiftung Tafelkultur, Wolfgang Ritter von „Bunte“, Anja Hanke von der Schreibküche sowie Werner Engelhard und Jan Bertram von „Wein+Markt“.

Eindrücke aus dem Rheingau, Württemberg und Franken

Meine erste Station am Messesonntag war der Stand von Schloss Vaux, wo ich mich mit einer kurzen Probe der aktuellen Manufaktur-Sekte, betreut von Vertriebsleiter Niko Apitz und Veranstaltungsleiter Torsten Koch, auf die drei Tage einstimmte. Koch bat sogar extra Schloss-Vaux-Vorstand Nikolaus Graf von Plettenberg dazu, der mich zunächst nicht primär Wein-Plus zuordnete, sondern darüber identifizierte, dass ich „immer zu den Festen“ gekommen sei. (Der nächste Deutsche Sekttag in Eltville findet übrigens am 11. und 12. Mai statt.) Besonders überzeugend fand ich wieder einmal den Sauvignon Blanc Brut 2011, den Pinot Blanc de Noirs Brut 2010, den Steinberger Riesling Brut 2010 und den Erbacher Marcobrunn Riesling Brut 2009. Das Team hatte auch schon den sehr vielversprechenden Assmannshäuser Rosé dabei, der erst demnächst in den Verkauf kommt. Dieser Besuch bei Schloss Vaux war ein sehr charmanter Messeauftakt!

Eine Freude im fachlichen wie im menschlichen Sinne war auch die Verkostung bei Graf Adelmann. Felix Graf Adelmann stand auch auf der ProWein wieder sein Cousin Christian Graf Adelmann zur Seite, und während ich einmal das gesamte mitgebrachte Sortiment durchprobierte, wurde viel gescherzt und gelacht – einmal mehr, als auch noch Felix‘ Vater Michael Graf Adelmann erschien, der zu Recht stolz auf seinen vielfach begabten Sohn ist, nachdem dieser Anfang 2012 den Betrieb übernommen hat. Felix erzählte, er habe gemeinsam mit dem neuen Kellermeister einiges gezielt, aber behutsam neu ausgerichtet, und das ist geglückt. Die Weißweine machen ihrer aristokratischen Herkunft Ehre, und die Rotweine sind beste Botschafter ihrer Region. Die roten Spitzenweine schenkte Felix sinnvollerweise dekantiert aus, und er hatte auch den faszinierenden neuen Muskattrollinger 32 Hades 2011 mitgebracht, den er im Jahr seines 32. Geburtstags in streng limitierter Auflage produziert und im neuen Barriquefass ausgebaut hat – Kompliment!

Aus Württemberg verkostete ich darüber hinaus die Weißweine von Drautz-Able; in toto werde ich das Sortiment bei der VDP-Weinbörse Ende April in Mainz probieren. Die 2012er Weine zeigten sich schon in guter Verfassung, doch besondere Akzente setzten für mich der Sauvignon Blanc Hades 2011 und der Riesling Hunsperg Grosses Gewächs 2011. Wie Monika Drautz berichtete, ist es dem Weingut gelungen, für eine Spitzenparzelle der Lage Heilbronner Stiftsberg den alten Namen „Hunsperg“ als Markenbezeichnung eintragen zu lassen.

Weitere Stationen aus Deutschland waren für mich auf der ProWein die Stände vom Weingut Zur Schwane (Escherndorfer Lump Silvaner 2012, Riesling Ratsherr Grosses Gewächs 2011) und vom Weingut Künstler (die Hochheimer Lagen). Mit Tim Leschinsky vom Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) unterhielt ich mich über die neue Klassifikation des Verbands, die ab dem Jahrgang 2012 umgesetzt wird. Leider schaffte ich es aus Zeitgründen nicht mehr, wie ursprünglich geplant bei Wirsching und Minges vorbeizuschauen, doch auch das hole ich auf der VDP-Weinbörse nach.

Innovatives aus dem Weinviertel

Traditionell ist Österreich für mich immer ein wichtiger Schwerpunkt auf der Messe. Diesmal kam ich leider nur zu drei Erzeugern, dies jedoch ganz bewusst, denn speziell von zweien verfolge ich die Weine bereits seit etlichen Jahren. Einer von ihnen ist das Weingut Pfaffl. Roman Josef Pfaffl, der zusammen mit seiner Schwester Heidi (verheiratete Fischer) im vergangenen Jahr den Betrieb übernommen hat, stellte mir die komplette aktuelle Kollektion vor. Für Roman Josef ist der Jahrgang 2012 insgesamt mindestens ebenso gut wie 2011; man müsse jedoch abwarten, wie sich die Weine aus den einzelnen Lagen entwickeln, um zu entscheiden, welches Jahr letztendlich wo besser war als das andere. Mit gefielen diesmal besonders der Grüne Veltliner Weinviertel DAC Reserve Hundsleiten, der Grüne Veltliner Weinviertel DAC Reserve Goldjoch, der Sauvignon Blanc Seiser am Eck, der Riesling Terrassen Sonnleiten, der Chardonnay Rossern, der Pinot Noir, der St. Laurent Altenberg sowie die beiden Rotwein-Cuvées Excellent und Heidrom.

Und Roman Josef hatte auch noch zwei ganz besondere Weine im Gepäck: Sein Vater Roman, der als „Mister Veltliner“ bekannt wurde, wollte es im letzten Jahr noch einmal wissen und hat aus vier Parzellen der ältesten Anlagen des Weinguts eine Selektion erstellt, deren Trauben Mitte November gelesen wurden und die im großen Holzfass spontan vergoren wurde. Bis dieser Grüne Veltliner Weinviertel DAC Reserve 2012 mit dem treffenden Namen Hommage verfügbar sein wird, werden noch einige Monate vergehen, doch er ist jetzt schon ein äußerst beeindruckender Wein. Der Junior nahm die Herausforderung jedoch an und wartet seinerseits mit einem potenzialreichen Zweigelt Reserve Burggarten 2011 auf. Chapeau, meine Herren!

Besonders hervorzuheben ist noch die ungemein professionelle Kommunikation von Pfaffl. Das Corporate Design war schon immer stimmig und konsequent, erfährt nun jedoch noch einmal eine Weiterentwicklung (Angaben auf den Flaschenetiketten), und das Weingut versteht sich auf den Umgang mit den sozialen Medien: Es ist auf Twitter und Facebook (mit einem Profil und einer Fanpage) aktiv, auf YouTube gibt es Videos mit Roman Josef, und alle diese Kanäle sind in den eigenen Internetauftritt und sämtliche Mailings eingebunden. Vorbildlich! In diesem Jahr hat die Firmenbroschüre erstmals ein neues Format und ein neues Layout – nach meinem Empfinden ein Gewinn –, zweisprachig in Deutsch und Englisch ist sie schon lange. Dass der Besucher bzw. Leser durchgängig mit Du angesprochen wird, mag Geschmackssache sein, doch es passt zu Sonnyboy Roman Josef und der dynamischen, modernen und dennoch traditionsbewussten Linie des Hauses.

Regionaltypisches aus dem Burgenland und der Thermenregion

Der zweite Winzer, dessen Weine mich seit vielen Jahren begleiten, ist Erwin Tinhof. Wie mittlerweile üblich, war sein Neffe Lukas Plöckinger mit nach Düsseldorf gekommen, und auch hier verkostete ich das gesamte Sortiment. Auch Erwin hat sein Etikettendesign erneuert: Der große Anfangsbuchstabe T ist nun transparent und gibt aufreizend den Blick auf den Flascheninhalt frei, und immer noch zählen Erwins Etiketten zu den aufgeräumtesten, die ich kenne. Diese Gestaltung wird den Weinen gerecht, für die das treffendste Attribut – wie wir am Stand spontan überein kamen – wohl „präzise“ ist.

Mit dem aktuellen Jahrgang hat Erwin seine Basislinie komplettiert: Es gibt jetzt einen Tinhof Blanc (Grüner Veltliner, Weißburgunder, Neuburger), einen Tinhof Rosé (Blaufränkisch) und einen Tinhof Noir (Zweigelt, Blaufränkisch, St. Laurent). Die 2012er Weine machen einfach Spaß, erst recht jenseits der genannten Basisweine der Weißburgunder, der Neuburger und der Grüne Veltliner sowie vor allem der Muskat (je zur Hälfte Gelber Muskateller und Muskat-Ottonel). Seit dem Jahrgang 2012 ist Erwins Betrieb biozertifiziert – was nur eine folgerichtige Entwicklung ist. Nicht weniger Freude machen die schon ein wenig gereiften Weine, ganz im Gegenteil: vom Leithaberg DAC weiß über die reinsortigen Roten von Zweigelt, St. Laurent und Blaufränkisch (teilweise aus Einzellagen vinifiziert) bis zum Leithaberg DAC rot und zum Spitzen-Blaufränkisch Gloriette – überall werden Sorgfalt, Sachverstand und Naturverbundenheit deutlich; und Gleiches gilt ebenso für die Süßweine.

Nur vergleichsweise kurz war mein Besuch beim Freigut Thallern, wo Geschäftsführer Willi Balanjuk in seiner launigen Art eine weiße Auswahl präsentierte. Mit dem Grünen Veltliner Messwein und dem Weißburgunder Selektion führte sich der Jahrgang 2012 gut ein, doch besonders begeisterten die Gewächse aus den autochthonen Sorten Rotgipfler und Zierfandler, beispielsweise der Rotgipfler Student 2011 und der Zierfandler-Rotgipfler Wiege 2011. Die Weine von Georg Preisinger und Leopold Auer hätte ich auch gern noch probiert, doch bedauerlicherweise reichte die Zeit dafür nicht mehr, ich konnte mit den beiden Winzern nur rasch ein paar Worte wechseln.

Reizvolles aus Südfrankreich

Der Messemontag stand bei mir ganz im Zeichen von Frankreich. Ich führte viele Gespräche mit Verbänden bzw. deren deutschen PR-Agenturen, konnte aber auch bei einigen Erzeugern verkosten. Deren erster war Thomas Herter von Château Segonzac. Neben seinen Cuvées, an denen unter anderem Cabernet Sauvignon und Merlot beteiligt sind, baut Thomas auch einige Weine sortenrein aus, etwa Malbec, Petit Verdot oder Chardonnay. So bietet er neben klassischen Bordeaux auch ganz außergewöhnliche Tropfen in Weiß und Rot, die zu entdecken sich lohnt – alle in Bioqualität und höchst sorgfältig gemacht.

Meine zweite französische Station war der Stand von Baronne Guichard. Paul Goldschmidt betreibt mit seinem Unternehmen drei Weingüter: Château Siaurac in Lalande de Pomerol, Château Vray Croix de Gay in Pomerol und Château Le Prieuré in Saint-Émilion. Alle drei produzieren authentische Tropfen der gehobenen Mittel- und Oberklasse, aber auch jeweils einen sehr tauglichen Einsteigerwein. Während eines kleinen Plauschs mit Paul und anderen Standbesuchern verkostete ich einige 2012er Fassproben, die bereits ihre Kraft und Finesse andeuteten, doch noch mehr Trinkgenuss bescheren jetzt freilich die gereifteren Weine, die drei, fünf oder sechs Jahre alt sind.

Eine Neuentdeckung für mich war das Weingut Le Clos du Breil in Bergerac. Vertriebsassistentin Elena Florenty hatte mich bereits frühzeitig telefonisch zum Besuch am Stand eingeladen und den Termin in angenehmer Professionalität sowohl gleich nach dem Telefonat als auch nochmals wenige Tage vor der Messe per E-Mail bestätigt. Sie war auch dabei, als Juniorchef Yann Vergniaud mir sämtliche mitgebrachten Weine vorstellte und erläuterte. Das Weingut hat eine klare Linie, die es mit überzeugender Qualität umsetzt: Für den Einstieg gibt es sowohl in Weiß als auch in Rot jeweils eine Cuvée Classique sowie zwei Rosés mit unterschiedlichem Restzuckergehalt. Bei den Rotweinen folgt dann zunächst die Cuvée L‘Odyssée, bevor an der Spitze der Pyramide die Cuvée Expression steht, die es wieder in Weiß und Rot sowie zusätzlich in einer weißen edelsüßen Variante gibt; die Weine der beiden höheren Stufen werden im Holz ausgebaut. Die Familie Vergniaud weiß, was sie tut – alle Weine haben ihren eigenen Charakter und zeigen viel Charme.

Der Marketingorganisation Sud de France verdankte ich die Einladung zu einer Abendveranstaltung am ersten Messetag, wo unter anderem rund 20 Weine aus dem Languedoc-Roussillon präsentiert wurden. Dabei ragten nach meinem Urteil besonders die Gewächse von Château La Grave heraus, doch einen Standbesuch konnte ich hier leider ebenso wenig noch einrichten wie bei Château de la Négly, das mir von einem vinophilen Freund empfohlen worden war. Stattdessen nahm ich an einer hochinteressanten Pressekonferenz des Verbands Pays d‘Oc IGP (Interoc) teil, bei der es um eine Studie zur Nachhaltigkeit und deren Stellenwert aus Verbrauchersicht beim Weineinkauf ging. In einem exklusiven Hintergrundgespräch konnte ich danach noch mit Verbandspräsident Jacques Gravegeal über Details und die Strategie sprechen, die Interoc aus den Studienergebnissen ableitet. M. Gravegeal redete sich dabei allmählich in Fahrt, und sein zunehmend leidenschaftliches Plädoyer für die Erhaltung der Natur und die Zukunft unseres Planeten unterstrich er mit temperamentvollen Gesten, wobei er eindringlichen Blickkontakt suchte und mehrfach beschwörend seine Finger auf meine Handgelenke legte. Ein Mann, der für seine Überzeugungen kämpft; die Informationen aus diesem bereichernden Termin werden demnächst Eingang in einen Artikel im Wein-Plus Magazin finden.

Exotisches aus Georgien, dem Libanon und der Türkei

Ein ganz erheblicher Vorzug der ProWein ist, dass sie Einblicke in Weinländer auf der ganzen Welt nicht nur in Europa bietet. Zwar gelang es mir zeitlich bedingt nicht, wie eigentlich geplant bei Winedelight die kanadischen Weine zu probieren, doch dafür lernte ich äußerst spannende Tropfen aus Georgien, dem Libanon und der Türkei kennen. Mit Burkhard Schuchmann, der nach seiner Karriere als Vorstandschef eines deutschen Bahntechnik-Unternehmens in Georgien sein eigenes Weingut Schuchmann Wines nebst Hotel gegründet hat, und der Geschäftsführerin Nutsa Abramishvili kam ich angenehm ins Gespräch und verkostete die sehr eigenständigen, ansprechenden Weine aus einheimischen Rebsorten wie Mtsvane und Saperavi, die teilweise in Tonamphoren (Qvevris) ausgebaut werden. Taner Öğütoğlu von Wines of Turkey brachte mir in einem Parforceritt türkische Rebsorten wie Emir, Narince, Kalecik Karası, Öküzgözü und Boğazkere näher, und ich war sehr angetan von diesen Weinen. Öğütoğlu stellte sich mit großer Kompetenz auf meine – bedauerliche, aber unabänderliche – Eile bei der Verkostung ein und gab mir Informationsmaterial mit, das seinesgleichen sucht: ein gelungenes Kompendium über den Weinbau in der Türkei, von der Geschichte über die Regionen und Rebsorten bis zu einzelnen Weingütern. Besonders hilfreich: die Aussprachehilfen für die Namen der Trauben. Nächstes Jahr werde ich von vornherein gezielt und ausreichend Zeit für die türkischen Weine reservieren.

Das gilt ebenso für die Weine aus dem Libanon, die in diesem Jahr erstmals auf der ProWein ausgestellt wurden. Emily Albers von der gleichnamigen PR-Agentur hatte mich an den Stand von Wines of Lebanon eingeladen, und ich erlebte eine höchst aufschlussreiche Probe unter der Moderation von Sommelier Rakhshan Zhouleh. Die libanesischen Weine zeigten sich erstaunlich „europäisch“ und waren größtenteils sehr animierend und handwerklich präzise gearbeitet. Weinjournalist und Libanon-Experte Michael Karam, mit dem ich mich nach der Verkostung noch unterhielt, erklärte mir, warum die Weine eine beinahe vertraute Aromatik haben: Nach dem Bürgerkrieg wurde der Weinbau im Libanon Mitte der 1990er Jahre mit Hilfe von französischen Beratern wiederbelebt, und die meisten Rebsorten, die in dem Mittelmeerland angebaut werden, kommen ursprünglich aus Frankreich – Chardonnay, Sauvignon Blanc, Viognier, Cinsault, Mourvèdre, Grenache, Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah... Obwohl die Temperaturen im Sommer auf rund 50 Grad klettern, wirken die Weine so kühl und geschliffen, weil die Reben vielfach in Höhenlagen zwischen 900 und 2000 Metern stehen. Die Rebsorten und die Kultivierung machen libanesische Weine für Mitteleuropäer aromatisch relativ schnell zugänglich und verleihen ihnen gleichzeitig Reiz und Anspruch.

Begegnung mit Kalifornien

Mein schönster Termin auf der Messe war dies vielleicht deshalb, weil ich keinerlei Erwartungen an ihn hatte und er völlig ungezwungen zustande gekommen war: Ghislaine Melman hat eine PR-Agentur in Leiden. Wir folgen einander seit geraumer Zeit auf Twitter, und in der Woche vor der ProWein schreib sie mir dort eine sehr nette Nachricht, in der sie mich – eben mit der Begründung, dass wir über dieses Medium miteinander verbunden seien – an den Stand von Napa Valley Vintners einlud. Diese Einladung fand ich so originell und sympathisch, dass ich zusagte, jedoch ohne einen festen Termin anzugeben, um mir genug Flexibilität zu lassen. So erschien ich unangemeldet am Dienstag Mittag an dem besagten Stand, fand und erkannte Ghislaine auch schnell, und ihr genügte ein Blick auf mein Namensschild, um einen Schrei des Entzückens auszustoßen und mich mit – gemäß niederländischer Tradition drei – Wangenküsschen zu begrüßen. Den umstehenden kalifornischen Ausstellern erklärte sie euphorisch: „We follow each other on Twitter!“ Sie bat mich, am Stand Platz zu nehmen, und dort hatte ich das Vergnügen, dass Maryanne Wedner von Grgich Hills Estate mir viel Wissenswertes über die Gewächse und Lagen des Napa Valley erzählte, während wir dazu einige Weine verkosteten. Unterstützt von ihrem Mann Greg sowie ihrem Kollegen Ken „Scotty“ Barbour von Spring Mountain Vineyard kredenzte Maryanne mir herrlich authentischen Chardonnay, Sauvignon Blanc, Cabernet Sauvignon, Merlot und Pinot Noir. Dabei prägte sie als Maxime die drei F des Weingenusses: „These wines are to be enjoyed with food, family, and friends“ (auf Deutsch – wegen der Alliteration – frei übersetzt: „Feinkost, Familie und Freunde“). Recht hatte sie!

Das Wohltuende an diesem Gesprächstermin waren die Spontaneität, die Unkompliziertheit und die Menschlichkeit: Auf den Visitenkarten der Genannten standen Bezeichnungen wie „Director of Export Sales and Executive Assistant“ oder „Director – International Sales, Strategy & Key Accounts“, aber während man in Deutschland unter derlei Titeln gern geschniegelte Anzugträger mit progressiven Frisuren und knallharter Kommerzorientierung antrifft, taten sich die Vertreter der Napa Valley Vintners durch ausnehmend liebenswürdigen Umgang miteinander und mit Kunden sowie durch echte, spürbare Hingabe zu ihren Weinen hervor. Dieses Erlebnis war mein diesjähriges Messe-Highlight – ich hatte nach diesem Standbesuch richtig gute Laune! Und ich freue mich, dank Ghislaines Initiative über Twitter einen neuen, wertvollen Kontakt im realen Leben gewonnen zu haben.

Agenturleistungen im Vergleich

Zum Stichwort PR-Agenturen noch eine Anmerkung: Die Messe machte deutlich, welche Unterschiede in deren Leistungen bestehen können. Hochprofessionell arbeitet Emily Albers (s.o.), die mit viel Engagement und ihrer gewinnenden Persönlichkeit einen Benchmark nicht nur bei der Vor- und Nachbereitung von Kundenauftritten setzt, sondern gerade auch während der Veranstaltungen die Gesprächspartner (d.h. Kundenvertreter und Journalisten) in geradezu spielerischer und dabei ausgesprochen effizienter Weise zusammenführt. Diese Zusammenarbeit ist immer eine Freude.

Davon abgesehen führte ich gute Gespräche mit Maren Henke von Sopexa, Lisa Beck von Integra Communication und Ana Margareto von Organize Communications mit Blick auf deren jeweilige Kunden. Dass diese Art von Betreuung indessen nicht selbstverständlich ist, zeigten zwei andere Beispiele: Der Inhaber einer anderen Agentur hatte mich vor der Messe zu dreien seiner Klienten eingeladen, mit diesen aber wohl keine festen Termine vereinbart. So rannte er, nachdem wir uns zur verabredeten Zeit getroffen hatten, mit mir von Stand zu Stand, bis am letzten gerade jemand frei war – und ließ mich dort dann ohne nennenswerte Vorstellung allein, denn „für das Gespräch brauchen Sie mich ja nicht“, und die Ansprechpartner an den übrigen Ständen hätte ich ja nun zumindest schon gesehen. Besonders interessant war, dass eben dieser Agenturchef mich nach der Messe anschrieb und fragte, ob er mich auch auf die Teilnehmerliste der Verkostung noch eines vierten Ausstellers setzen dürfe, auch wenn ich diesen gar nicht besucht hätte. Bei allem Verständnis dafür, dass PR-Agenturen ihren Kunden gegenüber Rechenschaft über den Erfolg ihrer Kommunikationsmaßnahmen ablegen müssen – unter seriösem Geschäftsgebaren stelle ich mir was anderes vor...

Noch heftiger war allerdings der PR-Berater, der mich extra per Telefon und E-Mail zu einem vom ihm betreuten Aussteller gebeten hatte. Als ich pünktlich an den betreffenden Gemeinschaftsstand kam, wusste dort niemand von einem Termin, der Berater selbst war nicht anwesend und dem Vertreter des Kunden, mit dem ich sprach, auch nicht namentlich bekannt. Er hatte mir jedoch seine Telefonnummer gegeben, und als ich ihn daraufhin anrief, sagte er, er sei wegen eines anderen dringenden Projekts gar nicht auf der Messe, doch einen Hinweis, welche Erzeuger an dem doch recht großen Stand ich nun besuchen solle, konnte er mir auch nicht geben. Tja... Diesen Termin betrachtete ich damit als erledigt.

Was sonst noch war

Insgesamt hat es sich sehr bewährt, dass ich mir die Messetage bei den Terminvereinbarungen und Standbesuchen nach Sprachen aufgeteilt habe: Sonntag Deutsch, Montag Französisch, Dienstag Englisch. Auf diese Weise ist es einfacher, Gespräche zu führen, weil man dauerhaft in der Gedankenwelt einer Sprache bleibt und nicht ständig wechseln muss (wenngleich das natürlich möglich wäre).

Inzwischen drängen die ersten Berichte über die Messe in die Medien und Blogs, nachdem die offizielle Abschluss-Pressemitteilung bereits zwei Stunden vor Messeschluss publiziert wurde. Eine Beurteilung der ProWein 2013 soll dieser Blogbeitrag explizit nicht sein, sondern ein persönlicher Erlebnisbericht. Eine differenzierte und kompakte Messeanalyse liefert dafür Michael Pleitgen in seinem Blog.

Als Fazit kann ich jedoch – ein weiteres Mal – anbringen: Die Messe war wiederum zu kurz. Sie sollte – wie andere vergleichbare Formate – mindestens fünf Tage haben. Dann wird sie zwar sowohl für die Aussteller als auch für die Besucher noch anstrengender, doch in diesem Fall würde ich einen ganzen Tag für die Champagner-Lounge reservieren, die in diesem Jahr erstmals in Halle 7.1 eingerichtet war und wo ich im Schnelldurchlauf in knappes Dutzend Champagner probieren konnte – leider nur einen Bruchteil des Angebots. In jedem Fall: Ich freue mich aufs nächste Jahr!