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Der November ist zu einem der wesentlichen Messemonate in der Wein- und Genussszene geworden. Allein ich besuchte an den Wochenenden in diesem Monat fünf Ausstellungen rund um Wein, Spirituosen und Kulinarik: zwei in Mittelfranken und drei in Frankfurt; eine davon war sogar eine selbst (d.h. von Wein-Plus) veranstaltete.

Weinmesse Fürth

Am 9. und 10. November fand in der örtlichen Stadthalle die Weinmesse Fürth statt, auf der fast 100 Aussteller Weine aus mehreren europäischen Ländern und aus Übersee präsentierten. Ich war am Samstag für ein paar Stunden dort und traf unter anderem Bernhard Meßmer von einfach genießen, der seine Wein- und Whiskyseminare nach zehn erfolgreichen Jahren in München nun auch in Nürnberg anbietet (bei der Premiere am 22. November im Restaurant im Zumikon war ich ebenfalls dabei). Sehr gute und obendrein günstige Schaumweine entdeckte ich bei Champagne Yves Couvreur, und der Prestige 2007 begeisterte mich so, dass ich spontan eine Kiste mitnahm. Sehr interessante Weine fand ich auch beim Südafrika-Weinhandel Taste of Africa, darunter den Shiraz 2008 von Hartenberg. Darüber hinaus sah ich mich noch bei einigen deutschen und österreichischen Erzeugern um.

K&U-Hausmesse

„Wein radikal anders“ war das Motto der Hausmesse der K&U Weinhalle am 15. und 16. November, die ich am Freitag besuchte und die nicht nur für mich eine der wichtigsten Weinmessen in ganz Deutschland ist. Martin Kössler und sein Team hatten wieder einmal Spitzenproduzenten aus der alten und neuen Welt im Nürnberger Ofenwerk versammelt; insgesamt gab es Weine von über 90 Winzern zu probieren, von denen der größte Teil sogar persönlich anwesend war. Die Stimmung auf dieser Veranstaltung ist immer wieder so inspirierend, so lebendig und so vom Genusssinn, von der Neugier und vom Qualitätsbewusstsein der Besucher geprägt – es ist eine wahre Freude. Kössler hatte auch wieder vier Weinerlebnis-Touren zusammengestellt, bei denen man jeweils zwischen 24 und 32 Weinen kennenlernen konnte: „Genießen statt saufen“, „Wein erleben“, „Mehr als nur Bio“ sowie „Die K&U-Avantgarde“.

Ich begann meinen Verkostungsparcours beim niederösterreichischen Weingut Kirchmayr und war besonders beeindruckt vom Grünen Veltliner Fass Acht 2011 sowie vom Grünen Veltliner Solist 1988 und vom Weißburgunder Solist 1999, die beide tatsächlich mehr als 20 bzw. 30 Jahre im Fass gereift und jetzt erst im Verkauf sind; den Abschluss meiner Probe bildete der beliebte, exquisite Birnenschaumwein. Bei Paul Ginglinger aus dem Elsass überzeugten mich die beiden Rieslinge ebenso wie der Gewürztraminer, und danach ging ich zu Jim Clendenen von Au Bon Climat, der seine unsäglich präzisen, individuellen Chardonnays und Pinot Noirs aus Kalifornien wie jedes Jahr selbst ausschenkte und mit den Leuten zwanglos über seine Weine redete. Bei meiner anschließenden „Reise“ durch Südfrankreich fand ich am meisten Gefallen an den authentischen Languedoc-Weinen von Les Eminades, doch mein Messehöhepunkt waren dann die außergewöhnlichen Terroir-Weine von Stéphane Tissot aus dem Jura – sehr speziell und extrem gut. Benoît Defranoux von Bouvet-Ladubay erfrischte mich danach mit den hochwertigen Loire-Schaumweinen des Hauses – neben dem Saumur Trésor Blanc 2009 und dem Saumur Zéro 2009 auch noch mit dem wirklich traumhaften Saumur Instinct 2007 aus der Magnumflasche. Und dank seiner Empfehlung probierte ich hinterher auch noch die großartigen weißen und roten Burgunder von Guillot-Broux aus dem Maconnais – eine lohnende neue Entdeckung!

Auf der K&U-Hausmesse lernte ich auch Alexander Otto von Factum PR leibhaftig kennen, mit dem ich seit über einem Jahr nur per E-Mail oder Telefon in Kontakt stehe; wir unterhielten uns angeregt und begegneten uns im Laufe des Nachmittags immer wieder in der Halle. Darüber hinaus traf ich Kollegen, Nutzer und Kunden von Wein-Plus und wurde mir dabei bewusst, wie gesichtsbekannt ich dann offenbar doch in der Weinwelt bin. Leider konnte ich nur diese dreieinhalb Stunden am Freitag auf der Messe verbringen, denn am Samstag Morgen ging es sehr früh ins Rhein-Main-Gebiet.

Wein-Plus Convention

Denn das Wochenende am 16. und 17. November stand für mich ganz im Zeichen der ersten Wein-Plus Convention im Casino auf dem Campus Westend der Frankfurter Universität, die mit 75 Ausstellern von Wein und anderen kulinarischen Spezialitäten aufwartete – für die Premiere ein großer Erfolg. Auf Einladung von Gudrun Erbeldinger-Höfferle startete ich den Samstag Vormittag mit einem Glas Sekt am Stand des Weinguts Erbeldinger und plauderte vor der Messe-Öffnung unter anderem mit Dr. Franz-Werner Michel vom Domdechant Werner‘schen Weingut aus dem Rheingau und Burgenland-Winzer Erwin Tinhof. Während des Veranstaltungstages hielt ich mich entweder am Wein-Plus-Stand im Foyer oder im Ausstellungssaal auf und führte Gespräche mit Ausstellern, Kollegen und Bekannten unter den Besuchern – und deren gab es einige, denn ich war ja selbst zehn Jahre lang Teil der Frankfurter Weinszene; neben Lokalmatadoren wie Kai Buhrfeindt vom Weinrestaurant Grand Cru, Armin Busch von K&M Gutsweine (übrigens Kooperationspartner der Convention) und Gernot Dorsch von Frankfurt/Wein war auch Susanne Platzer vom Culinarium Bavaricum da, die extra aus der Gegend von München angereist kam. Mein Vortrag zum Thema „Orientierung beim Ökowein“ im Rahmen des Workshop-Programms der Messe war erfreulich gut besucht, und anschließend lernte ich Ferdinand Graf von Thun von der Domaine du Comte de Thun persönlich kennen und verkostete mit ihm und seiner Entourage einige gereifte Rotweine aus Südwestfrankreich, darunter Syrah 2007 und Merlot 2004. Später nahm ich an der Champagner-Degustation teil, die Nicola Neumann von Noble Wine zum Thema Solera-Verfahren durchführte, und hatte danach ein langes, äußerst kurzweiliges Gespräch mit Stefanie Köhler vom Blog genuss-sucht.de, bevor ich den Messetag mit der Trockenbeerenauslese 2004 bei Erwin Tinhof beschloss. Erwin hatte übrigens auch seinen neuen Weißburgunder Golden Erd 2012 mitgebracht, den wir abends erstmals probieren konnten – ein ganz starker, komplexer, eindrucksvoller Wein!

Der Sonntag begann mit der Weinmarketing-Konferenz, die in die Convention eingebunden war und von der ich zumindest die Vorträge von Blogger und Weinmacher Dirk Würtz – der die Konferenz moderierte –, Prof. Dr. Ruth Fleuchaus von der Hochschule Heilbronn und Michael Pleitgen von der Weinakademie Berlin anhören konnte. Danach stand eine weitere Champagner-Degustation mit Nicola Neumann (Vergleich von Cuvées mit Lagen-, Jahrgangs- und Rebsorten-Champagnern) auf dem Programm, und nach meinem zweiten Ökowein-Vortrag konnte ich nachmittags „frei“ durch den Saal flanieren und verkosten. Es herrschte lebhafter Andrang, das Interesse der Menschen an den Weinen war geradezu spürbar, und ich erhielt in diesen Stunden – wie alle anderem vom Wein-Plus-Team – so viele positive Kommentare von Ausstellern und Besuchern der Messe ebenso wie von Teilnehmern und Referenten der Weinmarketing-Konferenz, dass ich es kaum fassen konnte. Zum Schluss machte ich noch den Workshop über die zypriotische Rebsorte Maratheftiko mit, den Astrid Zieglmeier von der IHK-Akademie München anbot, und die Convention endete mit dem wohltuenden Gefühl, dass unser Konzept aufgegangen war. Einen ausführlichen Bericht über die Veranstaltung gibt es im Wein-Plus Magazin.

K&M-Hausmesse

Deutlich kleiner als die Messen an den Wochenenden davor war am 23. November die Hausmesse von K&M Gutsweine im Ketao Kitchen Loft in Frankfurt, wo Bernd Klingenbrunn und Armin Busch Weine von 18 „Freunden und Winzern aus Europa“ – so das Motto – präsentierten, und die Hälfte der Erzeuger war auch selbst vor Ort. Hervorzuheben ist bei dieser Veranstaltung besonders die ausgezeichnete räumliche Aufteilung der Stände: Wer sich von links nach rechts durchverkostete, startete mit Champagner und gelangte dann über Weißweine aus Frankreich und Deutschland zu Rotweinen aus Italien, Frankreich, Spanien und Portugal, bevor er schließlich zwei Portweine kredenzt bekam.

Meine Favoriten auf der Messe – wobei ich nicht alle ausgestellten Weine probierte – waren:

Zu den Weinen wurden sehr schmackhafte, raffinierte kleine Gerichte aus der Ketao-Küche serviert, die Atmosphäre war angenehm familiär, und da sich hier wiederum die Weinszene des Rhein-Main-Gebiets traf, ging es unterhaltsam und genussreich zu. Für mich sind auch die beiden jährlichen K&M-Hausmessen Veranstaltungstermine, die ich gern und konsequent wahrnehme, weil hier Weine von außerordentlicher handwerklicher Qualität geboten werden und die Gespräche mit den ausgesuchten Winzern besonders viel Spaß machen.

InterWhisky

Am selben Wochenende (vom 22. bis 24. November) fand ebenfalls in Frankfurt auch noch die InterWhisky, die „Internationale Fachmesse für Whiskykultur“ statt. Im Thurn-und-Taxis-Palais gab es Destillate von 30 Ausstellern zu kosten, und ich probierte am Sonntag Nachmittag noch einige Whiskys aus der Schweiz, Japan und Schottland. Am beeindruckendsten war dabei mit Abstand der 24 Jahre gereifte Speyside-Brand Tomintoul 1988 von Signatory Vintage. Auf die Messe hatte mich Andreas Hertl von Scotch Broth in Fürth hingewiesen, den dort auch traf.

Und wer denkt, dass auf Weinmessen schon freakige Leute unterwegs sind, der muss erst mal eine Whiskymesse besuchen! In jedem Fall war es hochinteressant und vergnüglich; man war sofort mit jedem per Du und bekam Empfehlungen von anderen Besuchern – diese Whiskyfreunde sind eine sympathische Community.

Typologie von Messebesuchern

Egal, ob Wein, Whisky oder andere Genussmittel – zwischen drei Besuchertypen lässt sich auf jeder Messe differenzieren, und die will ich abschließend kurz ansprechen:

Zum ersten gibt es die, die sich an einen Stand vorkämpfen und dann dort verharren. Sie stehen raumgreifend da, lassen links und rechts neben sich kaum jemanden heran, blockieren den Zugang und reden entweder mit dem Aussteller (meistens teilen sie ihm ihre eigenen Erfahrungen mit oder stellen wichtig klingende Detailfragen) oder mit ihrer Begleitung (denn dieser Typ tritt nie allein auf). Das ist sehr lästig und sorgt für Staus und Unzufriedenheit bei den anderen Besuchern.

Zum zweiten gibt es die, die zwar nicht direkt vor dem Messestand, aber trotzdem immer mitten im Weg stehen. Sie verstopfen in Gruppen die Gänge, vorzugsweise an Kreuzungen, und umlagern auf Weinmessen die Stand-Crachoirs, so dass niemand anders mehr spucken oder sein Glas leeren kann. Auch das ist sehr lästig, doch zumindest ist der Verkehr zu und von den Messeständen möglich.

Zum dritten gibt es die – wie ich sie nennen möchte – „rücksichtsvollen Profis“. Sie gehen mit ihrem Glas zum Stand, lassen sich einschenken und machen dann den Platz frei für den nächsten Besucher. Sie probieren in Ruhe im Gang – durchaus in Crachoir-Nähe, aber nicht dauerhaft unmittelbar davor – und kommen dann zum Stand zurück, um dem Aussteller ihre Eindrücke mitzuteilen oder Fragen zu stellen. Dabei bauen sie sich jedoch auch nicht unverrückbar vor dem Stand auf, sondern bleiben entweder flexibel (lassen beispielsweise andere Besucher durch, indem sie sich zur Seite drehen) oder stellen sich seitlich an den Messestand, so dass der Zugang nicht behindert wird. So versuche ich immer, mich zu verhalten, und ich würde mir wünschen, dass das mehr Besucher auf Wein- und Genussmessen beherzigen würden: Der gesamte Ablauf ginge reibungsloser und schneller vonstatten.