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Eins vorweg: Hier geht es ausschließlich um Nürnberg, nicht (auch) um Frankfurt oder irgendeine andere Stadt, sondern nur um die Kapitale Mittelfrankens, die deutlich stärker der Bier- als der Weinkultur verfallen ist. Seit einigen Monaten gibt es hier aber ein Weinrestaurant, das seit meinem ersten Besuch dort mein Lieblingslokal in der Stadt ist: So etwas hatte ich bis dahin vermisst und gesucht.

Logo "Lachenschmidt - Restaurant & Weinbar in Johannis"Das Lachenschmidt liegt in St. Johannis, im Eckhaus Wiesentalstraße 1. Die Buslinie 34 hält quasi vor der Tür (Haltestelle Großweidenmühlstraße), und auch die Straßenbahnlinie 6 (Haltestelle St.-Johannis-Friedhof) ist nur wenige Fußminuten entfernt. Benannt ist es nach einem früheren Eigentümer des Hauses, der auch die gastronomische Tradition dort begründet hat. Im Sommer sitzt man vorzugsweise im schattigen Gastgarten neben dem Haus, und in den beiden in Bordeauxrot gehaltenen Gasträumen mit hellem Parkett ist man zu jeder Jahreszeit bestens aufgehoben. An den blanken Holztischen ist Platz für etwa 30 Gäste – auch für geschlossene Gesellschaften –, und am Tresen links neben der Eingangstür bieten fünf bis sechs Barhocker Überblick über das gesamte Geschehen.

Die Kombination von Küche, Service und Ambiente, die die Qualität eines Gastronomiebetriebs ausmacht, ist stimmig und einladend, das Preis-Genuss-Verhältnis – speziell bei der Weinauswahl – unübertroffen, und die Atmosphäre herzlich und ungezwungen. Das liegt auch maßgeblich an Geschäftsführer Marco und seiner Service-Kollegin Jessica, die aufmerksame, charmante und humorvolle Gastgeber sind und ebenso behutsam wie sachkundig bei der Weinauswahl beraten. Das Angebot an offenen Weinen wechselt einmal im Monat mit der Speisekarte, denn beide werden gezielt aufeinander abgestimmt. Küchenchef Sebastian, der zusammen mit seinem Kollegen Florian hinter den Kulissen wirkt, aber den Gastkontakt keinesfalls scheut, verwendet beste Produkte, die er kreativ zu aromenstarken, abwechslungsreichen Gerichten kombiniert. Die Karte ist mit jeweils maximal einer Handvoll Vorspeisen, Hauptspeisen und Nachspeisen überschaubar und kann sich – je nach Verfügbarkeit der frischen Grundprodukte – auch mal von Tag zu Tag ein wenig ändern.

Interieur des Weinrestaurants Lachenschmidt, durch ein Glas Rotwein gesehenDas Lachenschmidt profitiert ganz erheblich von seinem Inhaber: Karl Kerler betreibt in Nürnberg eine renommierte Weinhandlung, auf deren Sortiment das Restaurant zugreift. Er ist viele Wochen im Jahr unterwegs, um Winzerkontakte in vielen Ländern Europas zu pflegen und neue Weine zu entdecken. So ist die Weinkarte wahrhaft außergewöhnlich – und das nicht nur vom Format, das an eine Tageszeitung erinnert: Sie wird regelmäßig aktualisiert und umfasst rund 400 Weine, davon deutlich mehr als die Hälfte für unter 30 Euro pro Flasche! Gelistet sind ausgewählte Gewächse aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien und Spanien – darunter etwa ein gutes halbes Dutzend Weine aus Wien (allein in Österreich ist es schon schwer, Wiener Weine außerhalb der Stadt zu finden), Weine aus der Gascogne (die ihre Herkunftsregion üblicherweise ebenfalls kaum verlassen) sowie ein Clos de Vougeot Grand Cru Vieilles Vignes von 2005 für weniger als 150 Euro. Die Weinkarte deckt das gesamte Spektrum von weiß, rot und süß ab, dazu Champagner von Serge Mathieu und Edelbrände (unter anderem mehrere Armagnacs) – eine Fundgrube, deren Preise gern zum einen oder anderen Fläschchen mehr verführen.

Ich fühle mich im Lachenschmidt richtig wohl und sitze, wenn ich allein hingehe, gern am Tresen, wo ich den direkten Kontakt zu den „guten Geistern“ in Service und Küche habe und – natürlich – auch ein bisschen fachsimpeln kann. Noch schöner sind aber die herrlichen, genussreichen Abende mit Freunden; wer immer mich in Nürnberg besuchen kommt oder mich nach einer Restaurantempfehlung fragt, wird dorthin geschleift oder verwiesen. Es ist stets eine große Freude!

 

(Ohne ein Wort zu Frankfurt kann ich diesen Blogbeitrag aber dann doch nicht beenden, denn dort habe ich ebenfalls ein unanfechtbares Lieblings-Weinrestaurant: das Grand Cru von Kai Buhrfeindt, der sich selbst als „staatlich geprüfte Weinnase“ bezeichnet und in der Textorstraße in Sachsenhausen ein Refugium der Sinnlichkeit, Schlemmerlust und guten Laune geschaffen hat; doch dazu bei anderer Gelegenheit mehr...)

 


Nachtrag, 31.12.2013

Kurz nach Weihnachten erreichte mich die geradezu erschütternde Nachricht, dass das Lachenschmidt Ende dieses Jahres – präzise: heute – schließen wird. Das Konzept, das mich so begeistert hat und das so engagiert umgesetzt wurde, hat sich am Standort Nürnberg wirtschaftlich nicht getragen. Das ist sehr, sehr schade.

Ich bin richtiggehend bestürzt und sehr traurig, denn in den wenigen Monaten, die das Lokal bestand, ist mir das Team vom Lachenschmidt ehrlich ans Herz gewachsen. Es ist, als wäre ich eines Teils meiner Familie und einer liebgewonnenen Heimstatt beraubt worden. Das mag übertrieben und pathetisch klingen, aber so fühlt es sich an.

Mir bleibt also nur, auf diesem Wege nun Abschied zu nehmen. Ich danke Marco, Jessica, Basti und Flo für viele genussreiche und kurzweilige Abende und wünsche Ihnen, dass Sie alle so schnell wie möglich anderweitig unterkommen und dort so viel Spaß haben mögen wie im Lachenschmidt.