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Die Rebsortenfamilie der Muskat-Trauben ist groß und weit verzweigt. Eher noch könnte man von einer „Sippe“ sprechen, denn es gibt enge und entfernte Verwandte sowie „Nenn-Tanten und -Onkel“, die zwar den Begriff Muskat im Namen tragen, aber mit der Muskatellerfamilie selbst gar nichts zu tun haben. In einer kleinen privaten Probe haben wir uns im vinophilen Freundeskreis des Themas angenommen, uns die wichtigsten Familienmitglieder angeschaut und sieben Weine aus vier Ländern zu zwei herbstlichen Gerichten verkostet.

Wieso Muskat?

Typisch für alle Angehörigen der Muskat-Sippe einschließlich der „Nenn-Verwandtschaft“ ist ein würziger, etwas an Harz erinnernder, leicht bitterer bis pikanter Ton, der sowohl in der Nase als auch auf der Zunge wahrnehmbar ist und starke Ähnlichkeit mit den Aromen des Muskatnussbaums bzw. dessen Früchte hat. Die Nüsse und der Samenmantel (Macis) der Muskatpflanze enthalten ätherische Öle, die das beschriebene Aroma verströmen. Dieser Duft wiederum lockt Fliegen an, und Fliege heißt auf Lateinisch „musca“ – so erklärt sich der Name.

Die enge Verwandtschaft

Gewissermaßen das Oberhaupt der Muskat-Familie ist der Muskateller, der auch Gelber Muskateller oder Weißer Muskateller genannt wird und international die Bezeichnung Muscat Blanc trägt. Die Rebsorte mit rund 200 Spielarten und unzähligen Synonymen (etwa in Italien Moscato, in Spanien Moscatel) wird weltweit auf rund 80.000 Hektar angebaut und – besonders im Mittelmeerraum – gern für Süßweine verwendet. Mutationen und direkte Nachfahren des Muscat Blanc (also im übertragenen Sinne die Generation der Eltern und der Kinder) bilden die enge Verwandtschaft. Dazu zählen:

Goldmuskateller, Rosenmuskateller und Roter Muskateller sind Mutationen des Muscat Blanc, wobei die beiden letzteren rote Trauben sind. Gold- und Rosenmuskateller werden vornehmlich in Südtirol kultiviert.

Die entfernte Verwandtschaft

Kreuzungen, an denen Kinder des Muskat Blanc oder deren weitere Nachkommen beteiligt waren, bilden die entfernte Verwandtschaft. Zu dieser gehören (unter anderem):

Diamantmuskat, Edelmuskat und Muskatriesling sind ebenfalls elsässische Züchtungen von Philippe Christian Oberlin und haben alle dieselben Eltern: Riesling und Muscat St. Laurent.

Die „Nenn-Verwandtschaft“

Wie bereits erwähnt, gehören nicht alle Rebsorten, in deren Namen „Muskat“ vorkommt, tatsächlich der Muskateller-Familie an, auch nicht der entfernten. Hier besteht überhaupt kein (gesichertes) Verwandtschaftsverhältnis, doch auch diese Trauben zeichnen sich durch den typische Muskatton aus. Beispiele für solche „Nenn-Verwandten“ sind:

Die Weinauswahl für unsere Probe war rein willkürlich und umfasste trockene ebenso wie restsüße Weine aus Deutschland, Frankreich, Österreich und Spanien. Dabei kamen Weine aus der engen (explizit Muscat Blanc) und aus der Nenn-Verwandtschaft zum Einsatz.

Partner zum Kürbis

Zu einem Eintopf mit Muskatkürbis (!), Petersilienwurzel und Pökelfleisch probierten wir die folgenden vier Weine:

Nach einhelliger Meinung passte am besten der Elsässer Muscat – kein großer Wein, aber mit seiner Mischung aus gelben Früchten und typischer Muskatwürze überzeugend. Der Muskat Ottonel aus dem Burgenland zeigte sich zwar animierend floral in der Nase, konnte am Gaumen dem Gericht aber nicht standhalten. Der Muskateller aus der Pfalz war seinerseits zu stark im Aroma – zuerst ziemlich seifig und mit mehr Luft sehr zitrusbetont, was mit dem Kürbiseintopf weniger gut harmonierte. Der Muscadet von der Loire hat seine besten Zeiten leider schon hinter sich und erschien insgesamt etwas müde; vor zwei Jahren war er mit Sicherheit deutlich lebendiger.

Partner zum Käse

Anschließend kamen zu einer Auswahl französischer Rohmilchkäse von Kuh und Ziege die folgenden drei – deutlich restsüßen – Weine auf den Tisch:

Klarer Favorit war der Muskateller aus Baden: mit differenzierter und harmonischer Aromatik, gut abgestimmter Restsüße und genug Vielseitigkeit, um Weich-, Hart- und Blauschimmelkäse gleichermaßen zu begleiten. Der Moscatel aus Valencia wirkte ein wenig oxidativ und ließ in seinem Aromenbild klare Konturen etwas vermissen. Der Muscat de Rivesaltes präsentierte sich insgesamt als zu süß für den Käse und hätte eher zu einem Dessert mit exotischen Früchten oder zu einer Vorspeise mit Foie gras gepasst.

Liebling des Abends war jedoch ein Wein, der außer Konkurrenz lief, auch wenn hier sogar der Original-Muskateller mitspielte: der 2010er Muskateller & Riesling Kabinett trocken von Theo Minges aus der Pfalz. Die gelungene Cuvée erinnert in ihrer Aromatik etwas an Sauvignon Blanc; mit Frucht, Würze und Säurebiss vereint der unkomplizierte, sofort zugängliche Wein die wesentlichen Eigenschaften der beiden Rebsortenpartner und macht einfach großen Trinkspaß.